Windkraft in SH - Was kommt nach dem Zwei-Prozent-Flächenziel?
von Peer-Axel Kroeske
05.05.2022 (archivierter Text)
ZUM VOLLSTÄNDIGEN ARTIKEL (archive.org)
Auf dem Windbranchentag in Husum haben die Unternehmer mit CDU, SPD, Grünen und FDP über die Ausbauziele diskutiert.
Nur eine Frage aus dem Publikum war aus Zeitgründen nach den Podiumsgesprächen beim großen Windbranchentreffen am Donnerstag im Husumer NCC an Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) zugelassen. Mit einer App auf dem Handy stimmten die gut 600 Anwesenden darüber ab. Was den meisten auf den Nägeln brannte: Wann werden neue Windkraftflächen ausgewiesen?
Windkraftplanung braucht langen Vorlauf
Bisher sind zwei Prozent der schleswig-holsteinischen Fläche für Windparks ausgewiesen. Hierhin war es ein weiter Weg. Im Jahr 2015 hatte das Oberverwaltungsgericht die bis dahin gültige Regionalplanung gekippt. Eine neue Fassung war 2017 auf dem Weg, musste aber überarbeitet werden, nachdem die CDU nach dem Regierungswechsel neue Abstandsregeln durchsetzte. Erst jetzt können Windräder wieder regulär genehmigt werden.
Noch kein Ziel in SH bis 2030
Weiterhin ist aber nicht festgelegt, wie viel Energie Schleswig-Holstein künftig liefern soll. Die Bundesregierung plant deutschlandweit 80 Prozent erneuerbaren Strom bis 2030, um dem Klimawandel zu begegnen. Der Landesvorsitzende des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Jan Lorenzen, fordert, endlich zu beziffern, wieviel Windenergie aus Schleswig-Holstein eingespeist werden soll. Das hänge auch an der Frage, welchen Beitrag die anderen Bundesländer liefern. Klar ist: Die zwei Prozent Landesfläche werden schon in wenigen Jahren bebaut sein. Die Branche brauche jetzt Planungssicherheit, wie es weitergeht. Und dafür müsse die Planung schon jetzt vorbereitet werden.
Ministerpräsident Günther: Stoppschild für drei Prozent Fläche
Ministerpräsident Günther wurde auf dem Podium mit Applaus begrüßt. Einem neuen vorgegebenen Flächenanteil erteilte er aber zunächst eine Absage. Ein zusätzliches Potential sieht er bei Regelungen zu Denkmalschutz und Umwelt, die der Bund angepasst hat. Zudem setzt er auf Repowering. Dabei werden alte Anlagen durch neue ersetzt. Einige sollten ursprünglich nach Ende der Lebensdauer abgebaut werden. Wenn auf diese Weise akzeptierte Standorte bestehen bleiben, können die zwei Prozent überschritten werden.
Günther verwies sogar auf den grünen Bundeswirtschaftsminister: "Robert Habeck und ich haben beide miteinander gesprochen, dass der Weg in den nächsten Jahren nicht richtig ist, jetzt nochmal drei Prozent draus zu machen, wo wir vielleicht auch wieder Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung bekommen." Gleichzeitig lässt er einen Weg offen: "Ich halte es für richtig, über Strommengen zu sprechen."
Schlagabtausch um den besten Weg
Staatssekretär Tobias Goldschmidt (Grüne) aus dem Energiewendeministerium nannte mehrfach die Zielmarke von drei Prozent Windkraftflächen. Andernfalls sehe er eine Gefahr für die Branche: "Wir dürfen keinen erneuten Fadenriss riskieren."
Als "Wachstumsdeckel und Chancenkiller" bezeichnete SPD-Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller den CDU-Plan, an zwei Prozent Fläche festzuhalten. Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) gab zu bedenken, dass neue Flächen Konflikte mit dem Artenschutz provozieren. "Das sind die limitierenden Faktoren," betonte er.
"Ich muss dem Ministerpräsidenten widersprechen. Repowering wird nicht die alleinige Lösung sein," entgegnete Verbandsvorstand Lorenzen. "Wir brachen einfach mehr neue Fläche."
Grüne Energie als Chance für Schleswig-Holstein
Einig waren sich aber dennoch alle vier Politiker, dass erneuerbare Energien herausragende Chancen für Schleswig-Holstein bieten: Das Land könne überdurchschnittlich zur Energiewende beitragen. Günther, Buchholz und Goldschmidt erwähnten mehrfach die geplante Batteriefabrik Northvolt, die sich für den Standort Heide entschied. Wenn zusätzliche Industrie ins Land kommt, steige allerdings auch der Energiebedarf.