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Kommunale Wärmeplanung in SH: So weit sind die größeren Orte

von Peer-Axel Kroeske

01.07.2023 (archivierter Text)
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Wer eine neue Heizung braucht, muss wissen, ob ein Wärmenetz in Aussicht steht. Der NDR hat bei den großen Kommunen im Land den Stand der Dinge abgefragt.

Wer eine ältere Gas- oder Ölheizung besitzt, muss sich entscheiden. Mit den Jahren steigt der Wartungsbedarf. Bei einem Ausfall im Winter muss sie schnell repariert oder ersetzt werden. Doch das bedeutet, weiteres Geld in eine Technik zu stecken, die dem Klima schadet. Zudem werden Öl und Gas durch den steigenden CO2-Preis kontinuierlich teurer. Macht es also Sinn, sich rechtzeitig zum Beispiel um eine Wärmepumpe zu kümmern? Diese wird jetzt mit bis zu 70 Prozent gefördert. Doch das braucht zeitlichen Vorlauf: für die Energieberatung, den Förderantrag, und meist vergeht mehr als ein Jahr, bis die Wärmepumpe geliefert und eingebaut ist. Oder lohnt es sich vielleicht doch zu warten, wenn bald ein Fernwärmeanschluss vor der Haustür liegt?

Übersicht

Was bei der Abfrage zur Wärmeplanung herausgekommen ist

Im Detail: Ergebnisse Stadt für Stadt

Kommunale Wärmepläne geben keine Garantie für einen Anschluss

Orientierung für die Entscheidung, welche Heizung die richtige ist, soll die Kommunale Wärmeplanung liefern. Fast 80 Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein müssen sie erstellen. Wie lange sie dafür Zeit haben, hängt davon ab, welchen Status sie in der Landesplanung haben:

bis Ende 2024 müssen Mittel-, Oberzentren und Unterzentren mit Teilfunktion von Mittelzentren ihre kommunale Wärmeplanung abgeschlossen haben (35 Städte und Gemeinden)

bis Ende 2027 müssen Unterzentren sowie Stadtrandzentren erster Ordnung ohne Wärmepläne fertig sein.

Danach ist der Einbau einer neuen Gasheizung nur noch eingeschränkt möglich. Zwar bieten die Wärmepläne keine Garantie für einen Anschluss, dennoch sollen die Kommunen skizzieren, was zu erwarten ist.

Flensburg ist Spitzenreiter, Kiel nutzt Abwärme aus Müllverbrennung

Die Ausgangslage ist höchst unterschiedlich: Fast alle der abgefragten Städte über 20.000 Einwohner haben zumindest kleinere Wärmenetze, die etwa zehn Prozent der Gebäude versorgen. Spitzenreiter ist Flensburg mit mehr als 90 Prozent. Allerdings wird hier die Energie noch fast ausschließlich fossil mit Kohle und Erdgas erzeugt. In Kiel, Neumünster und Pinneberg spielt die Abwärme aus der Müllverbrennung eine entscheidende Rolle. Fast alle Kommunen nutzen Erdgas in Blockheizkraftwerken, die gleichzeitig Strom erzeugen.

Flensburg, Elmshorn und Neumünster wollen 2035 klimaneutral heizen

Auffällig ist, dass zum Beispiel Eckernförde und Geesthacht (Kreis Herzogtum Lauenburg) durch Biomethan bereits zur Hälfte durch erneuerbare Energien versorgt werden. Flensburg, Elmshorn (Kreis Pinneberg) und Neumünster wollen bereits 2035 klimaneutral sein, und damit schneller als das Land (2040) und der Bund (2045) es verlangen. Zur Frage, wie stark die Wärmenetze wachsen werden, halten sich die meisten Kommunen noch bedeckt. Genau das soll ja die kommunale Wärmeplanung erst noch ermitteln. In Lübeck wird eine Verdreifachung der Haushalte angestrebt.

Überblick: Diese Wärmenetze gibt es in den Städten oder sind geplant

Die Angaben kommen von den Stadtverwaltungen, zum Teil auch den örtlichen Stadtwerken. Die Anschlussquoten sind nur bedingt vergleichbar, da sie sich zum Teil auf Haushalte oder Übergabepunkte beziehen. Zum Teil werden öffentliche Gebäude wie Schulen, Kliniken, Hallenbäder mitversorgt, die einen hohen Energiebedarf haben. Vom Anschlusszwang sind üblicherweise Haushalte ausgenommen, die zum Beispiel mit einer Wärmepumpe erneuerbare Energie nutzen, deren Anteil im Stromnetz kontinuierlich steigt. Eine Sonderform ist die so genannte "Kalte Nahwärme", bei der die Wärmenetz-Flüssigkeit deutlich unter 50 Grad Celsius zirkuliert. Aus dieser kann man dann mit Wärmepumpen im Haushalt noch weitere Energie entziehen.

Die Stadtverwaltungen von Bad Schwartau (Kreis Ostholstein), Bad Oldesloe (Kreis Stormarn), Heide (Kreis Dithmarschen), Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) und Reinbek (Kreis Stormarn) haben die Anfrage von NDR Schleswig-Holstein bisher nicht beantwortet.

Kommunale Wärmeplanung: Ergebnisse der Städte in Schleswig-Holstein

Ahrensburg

Eckernförde

Elmshorn

Flensburg

Geesthacht

Husum

Itzehoe

Kaltenkirchen

Kiel

Lübeck

Neumünster

Norderstedt

Pinneberg

Quickborn

Rendsburg

Schleswig

Wedel

Ahrensburg: Genossenschaft betreibt größtes Wärmenetz

Ausbauquote: 950 Haushalte (ca. 10 Prozent) in vier Wärmenetzen

derzeitige Energiequellen: 63 Prozent Biomethan, 37 Prozent Erdgas

künftige Energiequellen: In Planung: Abwasser der Kläranlage. Geprüft wird: Solarthermie, Geothermie, Umweltwärme aus Gewässern, Biomasse

geplante Wärmenetze: mindestens ein weiteres

Eckernförde: Schon jetzt zur Hälfte erneuerbar

Ausbauquote: 20 Prozent in 17 Wärmenetzen

Anschlusszwang: teilweise

derzeitige Energiequellen: Biogas, Biomethan, Holz (insgesamt 45-50 Prozent), Erdgas, Öl (geringer Anteil)

künftige Energiequellen: Biogas, Biomethan, Holz, Geothermie , Luftwärme, Solarthermie, Abwärme

Elmshorn: Klinik als Hauptkunde

Ausbauquote: 2 Prozent (der Ausbauquote des Erdgasnetzes), ca. 275 Haushalte, inkl. Klinik

Anschlusszwang: ja

derzeitige Energiequellen: Erdgas

künftige Energiequellen: Großwärmepumpen, Abwärme

geplante Wärmenetze: 3 weitere

Flensburg: Komplett versorgt seit 1969

Ausbauquote: mehr als 90 Prozent, inkl. Glücksburg und Harrislee

Anschlusszwang: ja

derzeitige Energiequellen: Steinkohle, Erdgas, Strom, Ersatzbrennstoffe und Holzhackschnitzel

künftige Energiequellen: Zweiter Elektrodenheizkessel mit Wärmespeicher, Großwärmepumpen, grüne Gase, klimaneutral bis 2035

Geesthacht: Zur Hälfte Biomethan

Ausbauquote: 3.000 Haushalte (ca. 20 Prozent) in einem großen und zwei kleinen Netzen

Anschlusszwang: ja

derzeitige Energiequellen: 50 Prozent Biomethan, 50 Prozent Erdgas

Förderung: derzeit werden Photovoltaik-Anlagen kommunal gefördert

Husum: Hallenbad und Schulen am Wärmenetz

Ausbauquote: Hallenbad, Schulen, nur 40 Haushalte in drei Wärmenetzen

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: Erdgas

Itzehoe: Wasserstoff-Visionen

Ausbauquote: mehr als 1.000 Haushalte (ca. 10 Prozent) in sieben kleinen bis mittleren Netzen

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: Erdgas

künftige Energiequellen: eine Beimischung von 20 Prozent Wasserstoff ist möglich, grüner Wasserstoff aber schwer lieferbar

geplante Wärmenetze: u.a. in einem neuen Quartier in der Innenstadt

Kaltenkirchen: Klimaschutzmanager berät Privathaushalte

Ausbauquote: 250-500 Haushalte, 5 Nahwärmenetze mit Holstentherme und Freibad

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: hauptsächlich Erdgas, auch Heizöl, Strom, Biogas

künftige Energiequellen: Sonne, Umweltwärme, Wind, Biogas

Beratung: kostenlose Erstberatung durch Klimaschutzmanager der Stadt

Kiel: Hoffnung auf den Wasserstoff

Ausbauquote: 43 Prozent der Haushalte, 75.000 Haushalte sowie öffentliche Gebäude

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: Erdgas und Müllverbrennung

künftige Energiequellen: Wasserstoff, Großwärmepumpen, Geothermie

Ausbauziel: 47 Prozent des Wärmebedarfs im Jahr 2035

Förderung: Solarthermie und Photovoltaik, energetische Sanierung von Quartieren

Lübeck: Verdreifachung angestrebt

Ausbauquote: 10 Prozent, 2900 Haushalte in mehr als sieben größeren Netzen

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: Erdgas, davon 65 Prozent in Blockheizkraftwerken

künftige Energiequellen: Abwärme aus dem Zentralklärwerk, Solarthermie, geprüft wird außerdem: Geothermie, Umweltwärme aus Gewässern, große Luftwärmepumpen

geplante Wärmenetze: Verdreifachung der Haushalte angestrebt

Neumünster: Müllverbrennung liefert Wärme

Ausbauquote: 30-40 Prozent, 13.000 Haushalte

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: Müll (Ersatzbrennstoff), Klimaneutralität bis 2035

Norderstedt: Förderprogramm für Gebäude

Ausbauquote: ca. 20 Prozent des Wärmebedarfs (20.000 Menschen)

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: fast 100 Prozent Erdgas mit 14 BHKW, sowie Strom

künftige Energiequellen: Großwärmepumpen ab Ende 2023, Solarthermie, Geothermie, Abwärme, Photovoltaik

Förderung: Norderstedter Förderprogramm Wärmeschutz im Gebäudebestand, demnächst Balkonkraftwerke

Pinneberg: Halb Müll, halb Erdgas

Ausbauquote: 15 Prozent

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: 55 Prozent Müllverbrennung, 45 Prozent Erdgas

künftige Energiequellen: Großwärmepumpen, Geothermie, Abwärme wird geprüft

Quickborn: Hoher Anteil von Biomethan

Ausbauquote: 900 Haushalte (ca. 10 Prozent)

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: 60 Prozent Erdgas, 40 Prozent Biomethan

Rendsburg: Nur kleinere Netze

Ausbauquote: nur kleinere Netze

Anschlusszwang: wird es in Neubaugebieten geben

derzeitige Energiequellen: Erdgas

künftige Energiequellen: bei kalter Nahwärme: Erdwärme, Luftwärme, Holz- und Wasserwärme mit Wärmepumpen

geplante Wärmenetze: -

Schleswig: Vorreiter bei "Kalter Nahwärme"

Ausbauquote: 800 Haushalte (ca. 15 Prozent) in sechs heißen und zwei kalten Netzen

Anschlusszwang: teilweise

derzeitige Energiequellen: Biogas, Biomethan, Klärgas, Holz, Erdgas und Öl (geringer Anteil), Erdwärme. Etwa ein Drittel erneuerbar.

künftige Energiequellen: Biogas, Klärgas, Holz, Erdwärme (Geothermie), Luftwärme, Solarthermie, Abwasser und Abwärme

Wedel: Wärmeplan soll schon Ende 2023 fertig sein

Ausbauquote: 900 Wohneinheiten (ca. 10 Prozent) in drei Netzen

Anschlusszwang: nein

derzeitige Energiequellen: Großteil Erdgas sowie etwas Biogas


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