Isoliert im Kraftwerk: Flensburg bereit für den Notfall
von Peer-Axel Kroeske
27.03.2020 (archivierter Text)
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Falls sich die Corona-Situation zuspitzen sollte, schließen sich 20 gesunde Mitarbeiter der Stadtwerke Flensburg im Kraftwerk ein. Nicht nur Matratzen zeigen, wie weit der Notfallplan gediehen ist.
Zwei Wochen nonstop im Einsatz - solche Arbeitszeiten sind auf Ölplattformen, in der Offshore-Windkraft oder bei Lkw-Fahrern üblich. Jetzt bereiten sich aber auch die Mitarbeiter der Flensburger Stadtwerke auf solch eine Situation vor. Denn sollten zu viele Kollegen durch das Coronavirus gleichzeitig ausfallen, muss ein Team die Leitwarte besetzen - durchgängig.
Das "Gehirn" darf nicht ausfallen
Von der hochmodernen Leitwarte aus regeln Mitarbeiter die Gas- und Dampfturbinenanlage sowie die Kohlekessel. Fast alle Flensburger Haushalte nutzen die Fernwärme und den Strom, der hier entsteht. "Dies ist das Gehirn der Stadtwerke", meint Unternehmenssprecher Peer Holdensen. Auch Glücksburg, Harrislee und die Gemeinde Wees hängen am Netz.
Gesunde Experten in Isolation
Wenn bei einer Krankheitswelle gleichzeitig viele der Kollegen ausfallen sollten, entsteht ein Problem. Damit es nicht soweit kommt, haben die Stadtwerke einen Notfallplan ausgearbeitet. Dieser sieht vor, dass sich 20 Mitarbeiter in der Leitwarte weitgehend einschließen. Schon jetzt ist der Zutritt streng reglementiert. Tritt der Fall ein, darf keiner mehr rein und raus.
Matratzen und Playstations zwischen Schaltpulten
Einen Schlafsaal gibt es nicht. Deshalb liegen schon jetzt die Matratzen auf Fluren und zwischen älteren Schaltpulten in einem Nebenraum. Für Essen ist gesorgt. Die Universität hat den Stadtwerken sogar Fitnessgeräte geliehen. Auch Fernseher sowie Spielekonsolen wurden installiert. "Die Kollegen arbeiten dann immer zwölf Stunden und hätten zwölf Stunden frei. Da müssen sie beschäftigt sein", stellt Holdensen fest.
Rentner und Ex-Kollegen wollen helfen
Noch ist es aber nicht so weit. Jeden Morgen bewertet die Unternehmensleitung die Lage neu. Im Verwaltungsgebäude herrscht bereits jetzt wenig Betrieb. Viele arbeiten von zu Hause aus. Die Leitwarte lässt sich aber nicht fernsteuern. Im schlimmsten Fall stehen auch weitere Mitarbeiter bereit.
"Wir registrieren eine extreme Hilfsbereitschaft," berichtet der Stadtwerke-Sprecher. "Es haben sich Rentner und Kollegen gemeldet, die früher mal in der Schaltwarte aktiv waren, auf die wir dann zurückgreifen würden."