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Nahverkehr: Einheitstarif mit Ausnahmen

von Peer-Axel Kroeske

19.09.2017 (archivierter Text)
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Der Schleswig-Holstein-Tarif soll für einheitliche Ticketpreise in Bussen und Bahnen sorgen. Doch auch 17 Jahre nach dem Start gibt es manche Besonderheit, die den Fahrgast verwirrt.

Der Schleswig-Holstein-Tarif ist eigentlich eine praktische Sache: Man steigt am Lübecker Bornkamp in den Stadtbus und löst gleich beim Einsteigen einen durchgängigen Einzelfahrschein nach Joldelund in Nordfriesland. Vielleicht muss der Busfahrer auf seinem Eingabegerät etwas suchen, aber es sollte funktionieren. Im vergangenen Jahrhundert musste man für die vierstündige Fahrt mit dreimaligem Umsteigen noch mehrere Einzeltickets lösen. Diese Sorge sind die Passagiere los. 2002 wurde der einheitliche Schleswig-Holstein Tarif eingeführt, zunächst für die Bahn. Dies war eine der Hauptaufgaben der Landes-Verkehrs-Service-Gesellschaft LVS, heute bekannt als nah.sh. Seit 2005 gilt der SH-Tarif auch für Busse, aber leider nicht im gesamten Bundesland.

Hamburger Umland, nordfriesische Inseln und Schleswig-Flensburg nicht dabei

Am Hamburger Verkehrsverbund (HVV) sind auch die Kreise Herzogtum Lauenburg, Pinneberg, Segeberg und Stormarn beteiligt. Innerhalb dieses Gebiets gilt grundsätzlich der HVV-Tarif mit mehreren Ringen um den Stadtkern der Hansestadt. "Dieser Zonentarif funktioniert aber in der Fläche nicht. In Schleswig-Holstein geht man eher davon aus, dass man längere Strecken fährt," sagt nah.sh-Sprecher Dennis Fiedel. Somit seien HVV- und SH-Tarif nicht unter einen Hut zu bekommen.

Die Sylter Verkehrsgesellschaft SVG arbeitet nach eigenen Angaben ohne Zuschüsse und hat deshalb ein höheres Preisniveau. Einen eigenen Tarif haben bisher auch die Stadt Flensburg und das umliegende Kreisgebiet.

Um durchgängige Tickets vom Festland nach Föhr, Amrum und Pellworm zu lösen, müssten die Fährpassagen in den Tarif integriert werden, so Fiedel. Auch das sei bisher nicht gelungen. Hinzu kommen laut Fiedel weitere Besonderheiten in verschiedenen Stadtverkehren. So gebe es statt der 21 Zonen im SH-Tarif tatsächlich rund 100 Zonen.

Einzeltickets kein Problem

Beim Kauf eines regulären Einzeltickets merken Fahrgäste nichts. Ein Preis wird angezeigt und bezahlt - fertig. Bei Rabattkarten und Tagestickets für ganz Schleswig-Holstein ist aber genaues Hinsehen gefragt. Erst dann stellt sich die Frage, mit welchem Tarif man eigentlich unterwegs ist. Wichtig zu wissen: Sobald man ein Tarifgebiet überschreitet, gilt automatisch der SH-Tarif. Bleibt man aber beispielsweise innerhalb des HVV-Gebietes, gilt ausschließlich dessen Tarif.

SH-Card und Bahncard - zwei Rabattkarten mit ganz unterschiedlichen Regeln

Als eine Art Bahncard nur für den Norden bewirbt nah.sh die Schleswig-Holstein-Card. Sie kostet 27,50 Euro für ein Jahr und bietet 25 Prozent Nachlass, allerdings nur für Fahrten im SH-Tarif. Die Tickets werden nicht billiger, wenn man innerhalb der ausgenommenen Gebiete unterwegs ist.

Ein weiteres Spezialgebiet sind Bahncard-Rabatte: So bekommt man eine Ermäßigung von 25 Prozent im SH-Tarif und auch in den Bussen rund um Flensburg. Kurios: Auch die Bahncard 50 bringt nur 25 Prozent Ermäßigung. Für Fahrten innerhalb des HVV-Gebiets bringt die Bahncard dagegen gar keine Ermäßigung.

Zwei Varianten für Schleswig-Holstein-Tagestickets

Wer einen Tag allein oder mit Freunden quer durch Schleswig-Holstein und Hamburg fahren will, hat zwei Ticketvarianten zur Auswahl: Das Schleswig-Holstein-Ticket der Deutschen Bahn und die "Netzkarte SH-Tarif" von nah.sh. Die gute Nachricht: Beide Tickets gelten in allen Nahverkehrszügen. Bei den Bussen unterscheiden sie sich aber.

Beim SH-Ticket der DB sind Busse in Schleswig-Holstein weitgehend ausgenommen. Sie sind nur in den HVV-Ringen A und B dabei, also in Hamburg bis nach Norderstedt und Ahrensburg. Für HVV-Schnellbusse gelten Zuschläge.

Bei der Tages-Netzkarte im SH-Tarif sind die Busse in Schleswig-Holstein und Hamburg weitgehend dabei. Ausgenommen sind sie jedoch in den Kreisen Schleswig-Flensburg, sowie auf den nordfriesischen Inseln. Gegen Aufpreis ist wiederum eine Tages-Netzkarte erhältlich, die auch Busfahrten auf Sylt ermöglicht.

Ausnahmen werden bleiben

Zumindest im Norden ist Besserung in Sicht: 2021 könnte der Bereich Schleswig-Flensburg zum SH-Tarif hinzukommen, heißt es von nah.sh. Ein gemeinsamer Tarif mit dem HVV-Gebiet oder den nordfriesischen Inseln wird laut nah.sh-Sprecher Fiedel derzeit nicht aktiv angestrebt. "Häufig ist es politisch nicht gewollt, dass es für irgendwen teurer wird," begründet er generell die Schwierigkeiten, zu einem einheitlichen System zu kommen.

Eine Passagierin am Flensburger Bahnhof berichtet, dass die Busfahrer oft selbst nicht wissen, welche Tickets gültig sind. "Sie haben dann gesagt: Was, Sie sind damit in Hamburg Bus gefahren? Naja, dann steigen sie mal ein," erzählt sie aus eigener Erfahrung.

Dass der SH-Tarif alles andere als einfach zu verstehen ist, zeigt nicht zuletzt der Umfang der offiziellen "Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen". Die 84 Seiten starke Broschüre lässt sich im Internetauftritt von nah.sh herunterladen. Und auch die vielen örtlichen Sonderregeln sind dort nachzulesen.


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