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Für Schneekatastrophe besser gerüstet als vor 40 Jahren

von Peer-Axel Kroeske

27.12.2018 (archivierter Text)
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Zum Jahreswechsel 1978/79 war der Norden und Osten Schleswig-Holsteins von der Außenwelt abgeschnitten. Tagelang fiel der Strom aus. Solch eine Lage könnte sich wiederholen - und dann?

Minus 47 Grad in Nordschweden, milde Temperaturen über Westeuropa und genau dazwischen: Schleswig-Holstein. Das Aufeinandertreffen von zwei sehr gegensätzlichen Wetterlagen sorgte zum Jahreswechsel 1978/79 für eine Krisensituation, mit der niemand vorher gerechnet hatte. Vorhergesagt war allein ein Hochwasser an der Ostsee, das tatsächlich einige Schäden hinterließ. Was dann aber folgte, überraschte die Menschen, die überall in entspannter Festtagslaune waren. Am Abend des 28. Dezember 1978 setzte zunächst Eisregen ein. Es folgte anhaltender Schneefall und Sturm.

Innerhalb weniger Stunden konnten Autos und Lkw im gesamten Norden und Osten des Landes außerhalb der Ortschaften kaum noch eine Straße passieren. Flensburg, Schleswig, Husum und auch Fehmarn waren abgeschnitten. Tausende übernachteten in Notquartieren. Hunderte Autos blieben in den Schneewehen stecken, auch auf der A7. Bis Hilfe kam, dauerte es Stunden und Tage. Einzelne Menschen erfroren beim Versuch, Häuser zu erreichen. Züge verunglückten. An der dänischen Grenze stauten sich die Autos von zurückkehrenden Urlaubern, weil auf der deutschen Seite bald Fahrverbot herrschte.

Tage ohne Strom

Besonders dramatisch entwickelte sich die Lage in der Landschaft Angeln. Etliche Überlandleitungen hielten der Eislast nicht mehr Stand. Rund 80 Gemeinden im Flensburger Umland saßen für mehrere Tage im Dunkeln in der Kälte, während sich der Schnee bis zu sechs Meter hoch türmte. Bauern mussten mit der Hand melken. Tiere konnten nicht mehr ausreichend versorgt werden. Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg (CDU) betonte damals, das Wiederherstellen der Stromversorgung sei noch wichtiger als die Straßen frei zu bekommen. Reparaturtrupps erreichten die Störstellen aber erst, nachdem die Bundeswehr mit Panzern aushalf. In den Nachrichten des NDR war damals von 2.700 eingesetzten Soldaten die Rede.

Panzer holen Ärzte vom Polterabend ab

Gemeldet wurden damals auch einige kurios erscheinende Aufträge. So hieß es in einer Sondersendung: "Vor einer halben Stunde brachen zwei Bergungspanzer und zwei Mannschaftswagen der Bundeswehr auf, um sich nach Steinbergkirche durchzukämpfen. Dort sind seit Donnerstagabend 25 Ärzte eingeschlossen, die an einem Polterabend teilgenommen hatten und die in Flensburg, aber auch in den Landpraxen dringend gebraucht werden."

Innenministerium: Heute würde es besser laufen

Aus Sicht des schleswig-holsteinischen Innenministeriums wäre solch eine Lage heute besser als damals zu bewältigen. Zwar hat die Bundeswehr inzwischen zahlreiche Standorte aufgegeben. Ein Rückgriff auf die Soldaten ist laut Ministerium aber nicht mehr zwingend in dem Maße wie vor 40 Jahren erforderlich. Dennoch könnten die Kräfte angefordert werden. Die Feuerwehren würden über Allradfahrzeuge verfügen, die Kreise hätten Rettungswagen mit Schneerpflug angeschafft und der Digitalfunk sei mit Notstromaggregaten ausgestattet, sagt ein Ministeriumssprecher. Allerdings könne der Katastrophenschutz nicht alle Risiken abdecken.

Katastrophenschützer: Es käme zu Einschränkungen

Das bestätigt Rainer Stiemke, zuständig für den Katastrophenschutz im Kreis Schleswig-Flensburg. Längere Stromausfälle hält er weiterhin für möglich. Ein zentrales Lager mit Notstromgeneratoren gebe es im Kreisgebiet nicht. Nur ein einzelnes leistungsfähiges, mobiles Gerät soll demnächst angeschafft werden. Bei größeren landwirtschaftlichen Betrieben mit Tierhaltung ist ein Notstromaggregat inzwischen in bestimmten Fällen vorgeschrieben. Privathaushalte blieben jedoch unversorgt. Wie damals würde vielerorts die Heizung nicht mehr laufen, und ebenso die gesamte private Kommunikation: Telefone sind heute im Gegensatz zu 1978 meist nur noch mit Strom nutzbar. "Experten gehen davon aus, dass sofort die Festnetz- als auch die Mobilfunknetze ausfallen", sagt Stiemke. Die Basisstationen für die Handys haben keine nennenswerten Reserven. Das Funknetz bekäme Lücken. Und weiter entfernte Masten wären schnell überlastet.

Krisenstäbe und Notstrom für Tankstellen

Die gute Nachricht: Für solche Szenarien soll es jetzt geordnete Abläufe geben. Neben den Polizei- und Rettungsleitstellen würden Krisenstäbe in den Kreishäusern und Amtsverwaltungen gebildet. Sie wären mit Notstrom versorgt und könnten über Satellitentelefone miteinander kommunizieren, so Stiemke. Zudem sind Funkamateure heute wie damals schnell in der Lage, Verbindungen aufzubauen. Auch einzelne Tankstellen sollen bald mit Generatoren versorgt werden, damit Einsatzfahrzeuge Diesel und Benzin bekommen. Damit rüsten sich Land und Kreis gleichermaßen für nicht-wetterbedingte Stromausfälle, die auch durch technische Defekte oder Sabotage auftreten könnten. In jedem Fall rät Stiemke, Lebensmittel und Kerzen für einige Tage im Haus zu haben.

Aufwärmen in Ställen

Zu Silvester 1978 beruhigte sich das Unwetter. NDR Reporter berichteten damals von einer sternklaren Nacht. Doch noch immer waren die Straßen nicht frei. Die Temperatur in einigen Häusern sank allmählich unter den Gefrierpunkt. Heizungs- und Wasserrohre gingen zu Bruch. Der Bürgermeister von Wees (Kreis Schleswig-Flensburg), Günther Martini, sagte im NDR, er wisse nicht, wie er die 40 Menschen in einem Rentnerwohnheim noch versorgen könne. Ein Beispiel von vielen. Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes, Hans-Hermann Schmidt, bot im NDR Interview an, kranke Menschen und Kleinkinder könnten sich in den Ställen aufwärmen, wo meist noch ein paar Grad Plus herrschten. Erst am 4. Januar waren wieder die meisten größeren Straßen passierbar. Doch der Schnee blieb liegen.

Mitte Februar 1979 spitzte sich die Lage dann erneut zu: Starker Ostwind sorgte diesmal für Schneeverwehungen in ganz Norddeutschland. Bei dieser zweiten Schneekatastrophe bewährten sich die gerade angeschafften Notstromgeneratoren auf einigen Höfen. Dennoch gab es auch hier kritische Lagen und einzelne Tote.


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