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Plastik in der Schlei: Was sich seit dem Skandal getan hat

von Peer-Axel Kroeske

07.10.2022 (archivierter Text)
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2018 waren Plastikschnipsel in die Schlei gelangt. Neue Regeln sollen das künftig verhindern, die wichtigste Änderung tritt 2025 in Kraft.

Oberflächlich sind die Plastikschnipsel verschwunden. Wer im Uferbereich nahe der Schleswiger Kläranlage heute spazieren geht, findet erstmal nichts Auffälliges. Doch sie sind noch da. Norbert Neubauer, der für den Naturschutzverein NABU die Vogelschutzhalbinsel Reesholm betreut, stellt fest: "Wenn man mit der Hand die ersten zwei bis vier Zentimeter einfach mal so wegkratzt, sieht man definitiv in den untersten Sedimentschichten, dass dort Plastik in vielerlei bunter Mischung ist." Solche Rückmeldungen erhält Neubauer auch vom gegenüberliegenden Schleiufer in Fahrdorf.

Plastikskandal schlug 2018 hohe Wellen

Anfang 2018 waren Millionen kleinster Schnipsel am Schleiufer östlich von Schleswig gelandet. Die Aufregung war groß. Wie sich herausstellte, hatte das Unternehmen ReFood Material für die Biogasanlage der Stadtwerke angeliefert. Zwar sorgten Zentrifugen dafür, dass der Kunststoffanteil anschließend wieder abgeschieden wurde, doch nicht vollständig. In Schleswig kam hinzu, dass die Kläranlage die Partikel anschließend nicht heraussiebte. Die Reinigung des Ufers und Entsorgung dauerte Monate und belastete letztlich die Schleswiger Kunden mit rund zwei Millionen Euro.

Alle Gerichtsverfahren eingestellt

Juristisch ist der Fall nach viereinhalb Jahren abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft konnte ReFood kein Fehlverhalten nachweisen. Zuletzt lief ein Verfahren gegen drei Mitarbeiter des Klärwerks. Auch dieses hat das Amtsgericht Schleswig Ende September vorläufig eingestellt - unter der Auflage, dass ein Mitarbeiter 10.000 Euro an gemeinnützige Organisationen zahlt. Auf den Lieferscheinen war ein Kunststoffanteil ausgewiesen. In der Mitteilung des Gerichts zum Urteil ist von Fahrlässigkeit die Rede.

Welche Regeln sich geändert haben

Üblicherweise landen die Gärreste aus den Biogasanlagen auf Äckern. Politische Initiativen, das Schreddern von Lebensmittelverpackungen zu unterbinden, haben einen langen Weg genommen. Der heutige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich in seiner Funktion als Landesumweltminister dafür eingesetzt. 2019 legte die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall ein umfangreiches Konzept vor. Aus Sicht des schleswig-holsteinischen Umweltministeriums entspricht ein "reines Schreddern von verpackten Lebensmittelabfällen" schon jetzt nicht den Vorgaben der Bioabfall- und Düngemittelverordnung, da nur "unvermeidbare" Fremdstoffanteile in die Umwelt gelangen dürfen. Das galt allerdings auch schon zur Zeit des Schlei-Skandals. ReFood hatte seinerzeit argumentiert, dass die Zentrifugen den Kunststoffanteil nach dem Schreddern ausreichend entfernen.

Fünf Kilo Kunststoff in einer Tonne Trockenmasse erlaubt

Noch im Jahr 2018 hat die das Umweltministerium zudem per Landeserlass bestimmt, dass Bioabfälle nur Kläranlagen durchlaufen dürfen, wenn das Material frei von jeglichen Fremdstoffen ist. Die Düngemittelverordnung wurde 2019 um den Satz ergänzt, dass Verpackungen vor dem ersten biologischen Behandlungsprozess von den Bioabfällen zu trennen seien. Zudem verschärften sich die Grenzwerte für das Ausbringen auf Äckern: Die Gärreste dürfen maximal 0,5 Prozent Kunststoffpartikel enthalten, die größer als einen Millimeter sind. Vorher galt dies noch ab zwei Millimetern. Für kleine Partikel existiert aber weiterhin kein Grenzwert.

Entpacken von Lebensmitteln erst ab 2025 geregelt

In der Überarbeitung der Bioabfallverordnung vom April 2022 wird die so genannte "Fremdstoffentfrachtung" erst ab Mai 2025 geregelt. Darin heißt es: "Bei der Entfrachtung sollen die Fremdstoffe in möglichst großstückigem Zustand aussortiert werden." Ob dies dann Mitarbeiter per Hand erledigen oder Maschinen weiterhin Verpackungen zerkleinern, bleibt den Verwertern überlassen. Das Konzept spricht von "schneidenden, quetschenden oder perforierenden" Technologien.

Plastik weiterhin auf Äckern? Keine Angabe

ReFood gibt trotz mehrfacher Nachfrage des NDR Schleswig-Holstein keine Auskunft, wie derzeit mit verpackten Lebensmitteln umgegangen wird. Nach den Erkenntnissen des Umweltministeriums nimmt das Unternehmen in der Verwertungsanlage in Ahrenshöft (Kreis Nordfriesland) keine verpackten Lebensmittel an. Ein Sprecher von ReFood sagte, das Unternehmen betreibe mehrere eigene Biogasanlagen. Ob diese Gärreste mitsamt Kunststoff nun weiterhin auf Äckern landen, wollte ReFood ebenfalls nicht mitteilen. Ein Sprecher betonte nur, das Unternehmen halte sich an die Bestimmungen und folge hohen Umweltstandards. Zudem führte er an, dass die Biogasanlagen der grundlastfähigen Energieversorgung dienen.


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