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Mini-Kreuzfahrten: Das Handy als Kostenfalle

von Peer-Axel Kroeske

24.08.2016 (archivierter Text)
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Wer auf einer Fähre in europäischen Gewässern unterwegs ist und ein Handy dabei hat, kann sein blaues Wunder erleben. Auf hoher See drohen empfindlich hohe Rechnungen.

Wer innerhalb der EU unterwegs ist, kann inzwischen relativ unbesorgt sein Handy nutzen. Nur noch knapp sechs Cent kostet ein Anruf im Ausland pro Minute zusätzlich. Auch, wenn der Nutzer ein Foto versendet oder seine E-Mails abruft, kostet ihn das lediglich ein paar Cent. Nur, wer längere Videos anschaut, muss mehr bezahlen. Spätestens bei knapp 60 Euro kommt aber eine Warnung: Wer dann weiter das sogenannte Roaming nutzen will, muss aktiv zustimmen. Da ist es bequem, Mobilfunkdaten auf Reisen eingeschaltet zu lassen und dem Gerät die automatische Netzwahl zu erlauben. Es gibt aber eine Ausnahme, die zur unerwarteten Kostenfalle werden kann: die Mobilfunknetze von Fährlinien.

Das 300-Fache des EU-Tarifs

In Schleswig-Holstein lassen die Reedereien Stena und Color Line ihre Schiffe mit solchen Netzen versorgen. Betreiber ist in beiden Fällen das norwegische Unternehmen Telenor Maritime. Auch zahlreiche Kreuzfahrtlinien nutzen diesen oder vergleichbare Dienste. Eigentlich soll das Angebot einen zusätzlichen Service darstellen: Während sich das Schiff außer Reichweite der Funkmasten an Land bewegt oder wenn deren Signale nicht ins Schiffsinnere vordringen, bleiben die Handys trotzdem auf Empfang. Die Technik an Bord verbindet sie mit einem Satelliten. Doch das hat seinen Preis: In einem Fall wurden neun Euro für 500 Kilobyte an Mobilfunkdaten abgerechnet. Das reicht gerade einmal für den Versand eines einzelnen Fotos und entspricht dem 300-Fachen des EU-Tarifs. Selbst Handys, die nicht aktiv bedient werden, tauschen zum Beispiel für das Abrufen von E-Mails ständig unbemerkt Daten aus, sodass völlig unerwartet Kosten entstehen können. Für ausgehende Anrufe liegen die Kosten pro Minute meist zwischen einem und fünf Euro.

"Willkommen an Bord" als Warnung

Das Verwirrende: Für Datenverkehr im WLAN-Netz an Bord gelten ganz andere Konditionen. Stena Line wirbt sogar mit kostenlosem Internet, bei Color Line kann man den WLAN-Zugang stundenweise für ein paar Euro erwerben. Doch nicht alle Bereiche des Schiffes sind damit ausreichend versorgt. Somit kann das Handy ständig zwischen dem teuren Mobilfunknetz und dem WLAN hin- und her wechseln. Über die Risiken informiert nur eine leicht zu übersehende SMS mit der Begrüßung "Willkommen an Bord", die dann auf generell höhere Kosten hinweist. Nicht immer werden die Tarife dabei genau beziffert. Und der Satz "Die Abrechnung unterliegt keiner automatischen Kostenbegrenzungsfunktion" ist schnell überlesen. Die SMS geht zudem in zahlreichen anderen Willkommens-SMS unter: Bei einer Überfahrt von Kiel nach Oslo kann es munter im Wechsel heißen: "Willkommen in Dänemark", "Willkommen in Schweden" und schließlich "Willkommen in Norwegen", ergänzt durch Infos zu den vergleichsweise günstigen EU-Tarifen.

Telenor Maritime teilte auf Anfrage mit, für die gewaltigen Aufschläge nicht verantwortlich zu sein. Das Unternehmen strebe deutlich niedrigere Kosten an, hieß es. Allerdings würden die Mobilfunkanbieter in Deutschland ihren Kunden teils deutliche Aufschläge für dieses spezielle Roaming in Rechnung stellen. Stena Line ließ wissen, bisher hätten sich keine Passagiere beschwert. Kunden wüssten, dass im Ausland höhere Tarife gelten, erklärte Marketingleiter Martin Wahl.

Handy-Einstellungen anpassen

Erfahrene Nutzer können die Kostenfalle leicht umgehen. Entscheidend ist, die automatische Netzwahl im Handy auszuschalten. Auf diese Weise kann man sich gezielt in die Netze an Land einbuchen, wenn sie verfügbar sind. Wer trotzdem das maritime Netz nutzen will, sollte zumindest die Option "Datenroaming" bzw. "Mobile Daten" deaktivieren. Und ein Trick hilft immer: Das Handy einfach mal abschalten.


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