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Plastik in der Schlei: Streit um Verantwortung

von Peer-Axel Kroeske

07.03.2018 (archivierter Text)
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Die Stadtwerke Schleswig und das Recyclingunternehmen ReFood machen sich jeweils gegenseitig dafür verantwortlich, dass die Schlei zwei Jahre lang mit Kleinplastik verschmutzt wurde.

Im Streit um die Plastikreste in der Schlei rückt eine Frage in den Mittelpunkt: Wer trägt die Verantwortung? Im Fokus steht ein Liefervertrag zwischen den Schleswiger Stadtwerken und dem Recyclingunternehmen ReFood. ReFood hatte Speisereste an die Stadtwerke geliefert, die dann dem Faulturm der Kläranlage zugemischt wurden. Hier entstehen dann Wärme und Strom. In den Speiseresten waren aber offenbar Verpackungsreste vorhanden, die über die Kläranlage dann zwei Jahre lang in die Schlei gelangten.

ReFood und Stadtwerke widersprechen einander

Für die Kläranlage in Schleswig hatte der Kreis Schleswig-Flensburg verlangt, dass keinerlei Reststoffe im Material vorhanden sein dürfen, stellt der Umwelt-Fachbereichsleiter des Kreises, Thorsten Roos, fest. In dem Material, das ReFood über sein Werk im nordfriesischen Ahrenshöft zulieferte, waren allerdings Restsoffe enthalten, die dann in der Schlei landeten.

ReFood-Sprecher Marcel Derichs betont hingegen, der Konzern habe "sehr deutlich in dem Vertrag darauf hinweisen, dass in der angelieferten Biomasse Fremdbestandteile, insbesondere Kunststoffteile, enthalten sind. Und dass bei der Verwendung dieser Biomasse die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch die Partner sichergestellt werden muss. Beispielsweise führen wir in unseren Verträgen auf, dass eine mechanische Einrichtung eine Möglichkeit sein könnte, oder ein Rechen mit einer Siebgröße kleiner zwei Millimeter." Technisch sei die Lieferung von fast rückstandsfreiem Material komplett ohne Fremdstoffe möglich. Die Stadtwerke hätten aber eine andere Qualität bekommen und davon gewusst.

Plastikteile passierten vier Filterstufen

Der Geschäftsführer der Schleswiger Stadtwerke Wolfgang Schoofs weist diese Darstellung zurück: "Jeder liest Verträge anders. Da wird auf Fremdbestandteile im Vertrag hingewiesen. Aber hier steht im Vertrag auch drin, dass der Vorlieferant diese maschinell zu entfernen hat. Von daher sind wir immer davon ausgegangen, dass der wesentliche Teil von Kunststoffresten herausgefiltert worden ist." Schoofs zeigt sich zudem überrascht, dass die Plastikteile die vier Filterstufen in der Kläranlage passieren konnten. Zwei weitere Sperren wurden nun installiert, da sich offenbar noch immer Plastikreste im Faulturm befinden.

Habeck will Problem angehen

Generell regeln Bioabfall-, Klärschlamm- und Abwasserverordnung, was in die Umwelt gelangen darf. So erlaubt die Bioabfallverordnung bis zu 0,5% Kunststoffanteile im Material. Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck sagte, er wolle das Problem grundsätzlich angehen: "Die Joghurtbecher, die Tiefkühlpizzen, die werden mit Plastik zerkleinert. Und dieses Plastik gelangt dann möglicherweise auch in die Faultürme und Biogasanlagen und wird dann ausgebracht auf die Felder. Das war mir nicht bekannt. Wir haben daraus jetzt schon als Konsequenz gezogen, dass wir das auf die nächste Umweltministerkonferenz bringen."

Reinigung wird Mammutaufgabe

Die Platikteilchen in und an der Schlei sind teilweise mehrere Zentimeter lang. Wie Konfetti durchdringen sie die gesamte obere Bodenschicht. Stark verunreinigt ist insbesondere die Halbinsel Reesholm, ein Vogelschutzgebiet. In Kürze beginnt dort die Brutsaison und jedes Hochwasser spült neue Plastikteile an.

Die Reinigung des Schleiufers wird allerdings voraussichtlich viele Monate in Anspruch nehmen. Die Stadtwerke haben bereits Helfer mit Harken losgeschickt. Fachbereichsleiter Roos sieht keine andere Möglichkeit, als alles per Hand einzusammeln. Auch das Reet könnte abgemäht werden. "Das ist normalerweise in solch einem Gebiet nicht zulässig," meint Roos. Aber hier müsse abgewogen werden.

Plastik wird in Nahrungskette gelangen

Was noch in der Schlei schwimmt, werde sich laut Fachbereichsleiter Roos in immer kleinere Partikel zersetzen und somit in die Nahrungskette gelangen. Welche Größenordnung das an der Schlei hat, kann derzeit niemand abschätzen. Ohnehin gelangen ständig riesige Mengen an Mikroplastik aus Kosmetika oder Textilien weltweit in alle Gewässer. Von Seiten der Schleifischer wollte niemand einen Kommentar abgeben.

Problem seit 2016 bekannt

Nach Angaben der Umweltbehörde wurden die Plastikteile bereits 2016 an der Schlei bemerkt. Im Januar 2018 sei das Klärwerk als Verursacher identifiziert worden. Erst nach einem Hinweis des Umweltvereins BUND an den NDR luden Stadtwerke und Kreisbehörde am vergangenen Montag zu einer Pressekonferenz ein.

Hinweise auf weitere Fälle

Nach den ersten NDR Berichten hat die Kreisbehörde in Schleswig nach eigenen Angaben Hinweise aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bekommen, wo es ähnliche Probleme mit Kläranlagen geben soll.


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