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Solar auf dem Hausdach - Steigende Preise und Wartezeiten

von Peer-Axel Kroeske

28.06.2022 (archivierter Text)
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Hohe Strompreise haben zu einem Run auf Photovoltaik geführt. Betriebe sind ausgelastet, Komponenten nicht lieferbar.

Plötzlich hat die Solarbranche wieder richtig viel zu tun - fast so wie vor zehn Jahren. Damals erlebte der Boom durch politische Vorgaben ein schnelles Ende. Jetzt lösen steigende Strompreise und die Sorge vor Engpässen wieder eine große Nachfrage aus. "Der Wunsch, sich unabhängig zu versorgen, ist groß", beobachtet Fachreferent Sascha Beetz von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Er spricht regelmäßig mit Privatleuten, die sich Module auf das Dach setzen wollen.

Hauptmotiv: Wunsch nach Unabhängigkeit

Zwar sind Photovoltaik-Besitzer grundsätzlich auf einen Netzanschluss angewiesen, um bei Dunkelheit versorgt zu sein. In Kombination mit einem Speicher lässt sich laut Beetz aber oft ein Autarkiegrad von 75 Prozent erreichen.

Eher wenig Interesse herrscht im Moment noch an der neuen Option der Volleinspeisung. Dieses Modell lohnt sich nur für Haushalte mit geringem Verbrauch. In diesem Fall wird der Photovoltaik-Strom etwa mit dem doppelten Satz von 13,4 Cent pro Kilowattstunde vergütet. Für den selbst benötigten Strom muss aber durchgehend der volle Strompreis gezahlt werden, auch wenn die Sonne gerade scheint.

Doppelt so viele Anfragen in der PV-Beratung

Die Beratung der Verbraucherzentralen wird vom Bund gefördert und ist kostenlos. Die Zahl der Anfragen an den 25 Standorten in Schleswig-Holstein hat sich verdoppelt, stellt Beetz fest. Ortstermine am Privathaus machen die Experten nur noch, wenn sie das Vorhaben positiv einschätzen. Ansonsten werden Interessenten bereits in Gruppen beraten.

Doch nicht nur der Strompreis steigt. Die typische Hausanlage, die mit 30 Modulen bis zu zehn Kilowatt Leistung erreicht und damit steuerfrei bleibt, hat sich seit dem Preistief vor zwei Jahren von etwa 15.000 Euro auf 18.000 bis 22.000 Euro brutto verteuert. Sinnvoll sei solch eine Investition angesichts des Klimawandels in jedem Fall, ist Beetz überzeugt. Ob sich Photovoltaik rechnet, hängt vor allem vom Strompreis der kommenden 20 Jahre ab, der sich kaum prognostizieren lässt. Für einige Interessenten sei die Wirtschaftlichkeit sogar zweitrangig, beobachtet Beetz.

Container, Aluminium, Silizium - alles teurer

Mit 50 Mitarbeitenden hat der Betrieb SEA im nordfriesischen Sprakebüll die Zahl der Beschäftigten kurzfristig verdoppelt. Doch Geschäftsführer Christian Andresen will noch nicht von Goldgräberstimmung sprechen. Die Gewinnmarge bleibe trotz der gestiegenen Preise klein, betont er. Denn wie in vielen Branchen sind laut Andresen die Kosten gestiegen: "Wir haben in einigen Produkten Lieferzeiten - die gehen bis ins nächste Jahr hinein. Module sind auch deswegen teuer, weil Aluminium teurer geworden ist. Und dann haben wir hohe Frachtkosten. Die Container aus China, die sonst bei 2.000 Euro lagen, sind sind jetzt bis 20.000 Euro gestiegen."

Flaschenhals bei den Wechselrichtern

Auch andere Unternehmen verweisen auf gestiegene Kosten. WEB Andresen in Breklum (Kreis Nordfriesland) nennt die gestiegenen Preise für Polysilizium. Die Module machen allerdings nur etwa ein Viertel der Kosten aus. Ein weiterer Kostenfaktor ist der Wechselrichter mit etwa 2.000 Euro, wenn das gewünschte Modell denn verfügbar ist. Ein Internetportal gibt die Lieferzeit für eine beliebte Modellgruppe im Moment mit 36 Wochen an. "Man kann andere nehmen. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass nicht jeder Wechselrichter gleich gut ist. Dann hat man später vielleicht Probleme," warnt Christian Andresen. Auch Speicher sind zum Teil schwer zu beschaffen. "Trotzdem können wir eine Anlage meist schon aufbauen. Und dann wird der Speicher eben später installiert," berichtet er.

Höhere Kosten auch für Freiflächen-Solar

Die Engpässe betreffen gleichermaßen Solaranlagen auf Freiflächen, deren jährlicher Zubau sich nach den Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums bis 2028 vervierfachen soll. Nur kleine Solarparks bis vier Megawatt ließen sich noch innerhalb eines Jahres nach Baugenehmigung errichten, teilt Reinhard Christiansen vom Landesverband LEE-SH mit. Mit 600 Euro pro installiertem Kilowatt haben sich die Anlagen um etwa 40 Prozent verteuert. Auf dem Acker betragen die Kosten pro Leistung trotzdem nur etwa ein Drittel im Vergleich zum Hausdach.

Bei Spezialverträgen genau hinsehen

Einige Anbieter versprechen auch etwas schnellere Installation. Das Unternehmen e-nel in Lübeck nennt Wartezeiten von vier bis sechs Monaten. Jens Lohmann von photovoltaik.sh in Schleswig wirbt mit nur drei bis vier Monaten. Bei diesem Angebot ist ein Speicher grundsätzlich dabei. Zudem empfiehlt er ein besonderes Abrechnungsmodell, eine so genannte Strom-Cloud. Laut Verbraucherzentrale gibt es bundesweit mehrere Anbieter, die eine schnelle Installation an eine spezielle Vergütung knüpfen. Hier sollten Verbraucher in jedem Fall genau nachrechnen, ob sich solch ein Vertrag in ihrem Fall lohnt, rät Energie-Referent Beetz.


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