Nordfriesische Kunstdirektoren machen Musik
von Peer-Axel Kroeske
12.02.2018 (archivierter Text)
ZUM VOLLSTÄNDIGEN ARTIKEL (archive.org)
Torpus & The Art Directors starteten vor zehn Jahren in Niebüll mit Folk-Rock. Jetzt gehören sie zur Hamburger Szene, haben ihre dritte CD veröffentlicht und touren durch Deutschland.
"Das mit der Musik ist ja schön und gut, aber deine Webseite - das geht gar nicht" - so kommentierte Gitarrist Melf Petersen vor vielen Jahren einmal den Internetauftritt von Sönke Torpus. Der ernannte ihn daraufhin zum "Art Director", also zum künstlerischen Leiter. Als die damalige Schülerband aus Niebüll dann im benachbarten Leck ein Konzert geben sollte, war der Name geboren.
Im Nordfriesen-Exil
Zehn Jahre später sind Torpus & The Art Directors in der Hamburger Szene fest verankert. Dort sind Sönke, Felix, Melf und Ove hingezogen. Trotzdem werden sie oft als nordfriesische Band angekündigt. "Ich bin in Nordfriesland recht verwurzelt, ich werde hier mit Sicherheit auch wieder hinziehen wollen. Es wird aber gerne hervorgehoben, weil es besonderer ist, als eine Band aus Hamburg zu sein," stellt Sönke fest. Und über die Hansestadt sagt er: "Das ist ein Nordfriesen-Exil. Wenn Du Musik machen willst, ist Hamburg ganz klar die interessantere Stadt." Schlagzeuger Felix Roll lebte zwischenzeitlich in Berlin und lernte dort Jenny Apelmo aus Göteborg kennen. Sie zupft inzwischen den Kontrabass.
"There is a place in the south of Tonder ..."
Ihre Songs nehmen sie weiterhin in Nordfriesland auf. "Watt'n'Sound"-Studio nennt sich die alte Schule von Emmesbüll, einzeln gelegen, mitten in der Wiedingharde. Hier stehen nur ein paar alte Instrumente herum. Die Technik müssen sich die Bands selbst mitbringen. Der große Klassenraum bietet eine besondere Atmosphäre in Kombination mit dem Drumherum: Flaches Land bis an den Horizont. "Wir haben schon sehr früh hier aufgenommen, da war ich 17. Hier draußen ist eine Pferdekoppel, da sind Felder und ansonsten ist da nichts. Man kann sich hier sehr auf die Musik einlassen," schwärmt Felix. "Wenn wir hier aufnehmen, dann verlassen wir auch drei Wochen dieses Gebäude nicht. Das ist sehr intensiv," ergänzt Sönke. Über diesen Ort hat die Band schon vor mehreren Jahren den Song "Two Hearts" geschrieben, beginnend mit den Textzeilen "There is a place in the south of Tonder where I once taught myself to run." Auch Björn Paulsen hat hier eine CD aufgenommen.
"We Both Need To Accept That I Have Changed"
Die in Emmelsbüll aufgenommene CD heißt "We Both Need To Accept That I Have Changed" (Wir müssen beide akzeptieren, dass ich mich verändert habe). Diese Zeile stammt aus dem Titelsong "4 x 7". Wer die Rechenaufgabe löst, erfährt Sönkes Alter, als er das Lied komponierte. Ein Freund erzählte ihm , dass man sich alle sieben Jahre verändert. Und plötzlich war Sönke klar, warum jetzt er manchmal von sich selbst genervt ist und kompromissloser zu werden scheint. "Ich habe dann begonnen, das zu akzeptieren. Das ist ja auch was Gutes."
Niebüller Osterhasen im Videoclip
Sönke schreibt alle Songs selbst. Sie vermitteln eine freundliche, nachdenkliche oder auch ironische Weltsicht, etwa wenn die Band im Video von "Fall In Love" gut einem Dutzend deprimiert-verwahrloster Osterhasen neuen Lebensmut einhaucht. Die Kostüme hatte sich die Band vom Niebüller Stadtmarketing ausgeliehen. Sonst sind die Hasen dort bei den Osteraktionen im Einsatz.
https://www.youtube.com/watch?v=runKF1ISaR4
Folk, Rock oder Brit-Pop?
Die Musik wird gerne als Folk kategorisiert. "Mit Kontrabass, Mandoline und Geige bleibt das nicht aus," stellt Sönke fest. Das neue Album wurde aber rockiger und lässt auch Britpop-Anleihen durchklingen. Die akustischen Instrumente erlauben ungewöhnliche Auftrittsorte: "Wie haben auf der Straße, auf Wohnzimmerpartys, in einer Sushi-Bar oder einem Waschsalon gespielt. Kann man ja machen," meint Sönke.
Deutschlandtour im Februar
So entstand langsam aber sicher in ganz Deutschland ein Fan-Stamm. "Dadurch, dass wir das jetzt ununterbrochen gemacht haben und in kleinen Kneipen vor zehn Leuten gespielt haben, baut man sich so langsam was auf. Die Leute sind treu." Sönke würde gerne auch mehr international auf Tour gehen. Zum Abschluss ihrer Deutschlandtour kommen Torpus & The Art Directors diesmal am 24. Februar in den Husumer Speicher. In anderen Jahren war Husum mittendrin im Tourplan. Da ging es anschließend gleich in die nächste Stadt. "Aber das hat sich irgendwie komisch angefühlt," meint Sönke. Der Abschluss muss in der alten Heimat sein.