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Erst Büffeln, Sport und Drill - dann "Gorch Fock"

von Peer-Axel Kroeske

04.08.2016 (archivierter Text)
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Bald geht's auf die "Gorch Fock": Albert Brinkmann ist einer von 260 neuen Offizieranwärtern in der Marineschule in Flensburg. NDR.de hat ihn einen Tag lang begleitet. Nicht alles lief rund.

Hoch über dem Ostufer der Flensburger Förde thront die Marineschule Mürwik in Flensburg. An diesem Tag, an dem NDR.de mit dabei ist, kurz nach der Morgendämmerung, liegt der imposante Komplex aus der Kaiserzeit noch im Dornröschenschlaf. Die aufgehende Sonne strahlt die roten Backsteingebäude an, auf den Grünflächen grasen Rehe. Doch nur wenige Minuten später ist es vorbei mit der Stille.

5.25 Uhr: Aufstehen, Waschen, Antreten

Zunächst ist es nur ein leiser Pfiff, der durch einen der langen Flure des Hauptgebäudes hallt, in dem alle 260 neuen Offizieranwärter untergebracht sind. Dieser Pfiff bringt noch kein Leben ins Gebäude, doch als Obermaat Marcus Mägel dann mit voller Lautstärke trillert, öffnen sich die Türen: das erste Mal Strammstehen für die jungen Frauen und Männer, noch in Unterwäsche. Dann geht alles ganz schnell, plötzlich sind alle gewaschen und tragen ihre Uniform. Sie marschieren zum Frühstück - aber nicht auf direktem Weg, sondern mit einer Runde ums Gebäude. Der Obermaat, der die Gruppe mit 15 Offizieranwärtern an diesem Morgen kommandiert, war vor einem Jahr selbst noch einer der Neulinge.

5.55 Uhr: Wenig Zeit für das Frühstück

Bei Offizieranwärter Albert Brinkmann läuft's noch nicht, er muss vor dem Frühstücksraum umkehren: Der 19-Jährige hat seine Essenskarte vergessen. Das kostet ihn wertvolle Zeit, als die anderen Offizieranwärter von seinem Flur schon gemeinsam an einem der langen Tische sitzen. Brinkmann ist wegen seines kleinen Malheurs etwas besorgt, denn "meistens wird die ganze Gruppe bestraft, da will man seinen Kameraden nicht so etwas auflasten." Diesmal gibt es keine Konsequenzen, Glück gehabt.

Im Speisesaal, dem sogenannten Remter mit fantastischer Aussicht auf die Flensburger Förde, erzählt Brinkmann, warum er sich für die Ausbildung bei der Marine entschieden hat: "Die Seefahrt hat mich schon immer interessiert. Und bei der Bundeswehr kann man Studium und Seefahrt kombinieren. Man hat einen festen Job und tut was für sein Land." Schon während seiner Abiturprüfungen an der Kieler Hebbelschule lud die Bundeswehr den damals 18-Jährigen zu Tests und einem Vorstellungsgespräch nach Köln ein. Seine Grundausbildung begann am 4.Juli.

6.20 Uhr: Klarschiff auf der Stube

Jetzt wird für Brinkmann gerade die Zeit knapp. Schnell greift er sich in der Kantinenauslage ein paar Brote und Aufschnitt und wickelt beides für später ein. Erstmal muss der Spind aufgeräumt werden. Unten hängen die Uniformen, oben quillen persönliche Sachen aus einem offensichtlich viel zu kleinen Fach. Der Kampfrucksack, erklärt Brinkmann, muss ständig gepackt und einsatzbereit sein, "falls Nachtalarm ist". Sein Stubenkamerad Thure Anders aus Itzehoe fegt gerade den Boden, bevor beide die Betten machen wollen.

Ein Doppelzimmer als kleiner Luxus

Heute kommt der Besen aus gutem Grund etwas länger zum Einsatz. Denn an ihrem zweiten Tag in Mürwik hatten sie voreilig gemeldet, ihre Stube sei fertig. Doch es kam, wie es kommen musste, und der Vorgesetzte entdeckte noch etwas Staub auf einer Leiste. "Es reicht ja schon, wenn der Obermaat ein bisschen sauer ist und nicht mehr so nette Zeitvorgaben gibt. Dann hat man mehr Stress", weiß Brinkmann inzwischen. Die Stube von Brinkmann und Anders ist überschaubar groß und bietet keine Aussicht aufs Wasser, verfügt aber immerhin über ein eigenes Bad. Es ist komfortabler als nebenan: Da müssen sich vier Männer eine Sanitärzelle teilen.

Die Zimmerkameraden merken, dass sie eine andere Welt betreten haben. Ausnahmsweise durften sie kurz nach dem Start ihrer Grundausbildung für einen Tag zurück ins alte Leben - zum Abi-Ball. Denn zwischen Schule und Marine gab es praktisch keine Pause. Dass er sich so schnell für die Marine entschieden habe, erzählt Brinkmann, habe einige Klassenkameraden gewundert. Er selbst sei familiär vorbelastet: Sein Vater arbeitet in der Marineführung und auch sein Bruder schlug die Offizierlaufbahn ein. Somit hatte er mehr als nur eine Ahnung, was ihn erwarten würde.

Plötzlich erscheint Obermaat Mägel - und Thure Anders soll Meldung abgeben. Das klappt noch nicht formvollendet. "Matrose Brinkmann, gehen Sie auch in Grundstellung und gucken nicht an sich rum!" mahnt der Obermaat. Brinkmann und Anders spüren, dass ihr "Welpenschutz" langsam zuende geht.

6.50 Uhr: Ein Rüffel für Brinkmann

Jetzt ist es für die Offizieranwärter mal wieder Zeit, auf dem Hof anzutreten, und für einen der beiden Zimmerkameraden läuft es wieder nicht ganz glatt. "Matrose Brinkmann, rasieren Sie sich noch mal ordentlich, machen diesen Fleck da weg und machen ihre Schuhe schwarz," ordnet der Obermaat an. Also zurück aufs Zimmer. Später versichert Brinkmann: Ja, er habe sich rasiert, aber es sei eben wenig Zeit dafür. Und der Fleck? Vielleicht beim Zähneputzen passiert. Brinkmann nimmt es ziemlich locker. "Es wird ja nur die erste Zeit darauf geachtet, um einen darauf aufmerksam zu machen. Später ist das natürlich nicht mehr so, dass da auf das kleinste Staubkorn geachtet wird. Manchmal kann man es nicht ganz nachvollziehen, aber da muss man eben durch." Als der 19-Jährige sich wieder einreihen will, wieder ein Lapsus: Der 19-Jährige vergisst seine Feldmütze aufzusetzen. Auch dafür erntet er eine Ermahnung.

Die Zeit bis zum Sportunterricht wird genutzt für das Marschieren, Liegestütz, geordnetes Aufstellen nach Größe, das Orgelpfeifen-Prinzip, und für ein Abfragen der Landeshauptstädte in Deutschland, während die Gruppe in Formation steht. Der Obermaat testet die Aufmerksamkeit.

7.30 Uhr: Sport mit der Stoppuhr

Das Training übernehmen zivile Sportlehrer wie Gabi Kohlisch, früher eine Weltklasse-Rennrodlerin. Seit den Gorch-Fock-Unfällen wurde der Sportunterricht in der Marineschule deutlich ausgeweitet. Übungen zur Koordination von Händen und Beinen stehen hoch im Kurs. Ausdauer müssen die Offizieranwärter beim "Klimmhang" beweisen: Sie sollen 30 Sekunden in der Endposition eines Kli


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