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"Margrethe ist volksnah - mit Ecken und Kanten"

von Peer-Axel Kroeske

03.09.2019 (archivierter Text)
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Am Dienstag besucht Dänemarks Königin Margrethe II. Flensburg. NDR Adelexpertin Leontine Gräfin von Schmettow spricht über Kindheitserlebnisse der Königin an der Förde.

Flensburg bekommt königlichen Besuch: Die viertägige Visite von Margrethe II. bietet reichlich Gelegenheit, Ihrer Majestät zuzuwinken. Wie tickt die dänische Königin, die trotz ihrer 79 Jahre ein volles Programm über vier Tage absolviert? Und welches Verhältnis hat sie zu Schleswig-Holstein? NDR Adelsexpertin Leontine Gräfin von Schmettow gibt Einschätzungen.

Die Feierlichkeiten markieren den Auftakt zum Jubiläum der 100-jährigen deutsch-dänischen Grenzziehung. Wie hat sich Königin Margrethe zu dieser Frage verhalten, die vor einiger Zeit noch hochsensibel war?

Leontine Gräfin von Schmettow: Ich erinnere mich, dass sie sich Silvester 2018 zumindest über die dänische Minderheit geäußert und gesagt hat, dass es Modellcharakter hat, wie die Deutschen und Dänen im Grenzgebiet zusammenleben und dass Deutsche und Dänen stolz darauf sein können, dass das so gut funktioniert.

Welche Beziehung hat Margrethe zum deutsch-dänischen Grenzland?

Leontine Gräfin von Schmettow: Die Königin ist seit ihrer Kindheit immer wieder auf das Schloss Gravenstein (auf der dänischen Seite der Flensburger Förde, Anm. d. Red.) gefahren. Das ist die Sommerresidenz der dänischen Königsfamilie. Ich glaube, sie verbindet sehr schöne Erinnerungen mit diesem Ort, weil sie da als Kind geritten ist. Sie hat ihre schwedischen Vettern und Cousinen getroffen. Die haben gebacken, gekocht, sind Fahrrad gefahren. Es ist eigentlich bis heute das familiäre Paradies. Ich glaube, dass sie von klein auf mitbekommen hat, wie der geschichtliche Hintergrund dieser Grenzregion gewesen ist. Sie ist selber im Krieg geboren - 1940. Ihr Vater hat immer wieder darüber gesprochen, was in dieser Region alles passiert ist. Er hat ihr die Kriegsgräber gezeigt und hat ihr von den Düppeler Schanzen erzählt. Sie ist also sehr bewusst mit den Themen der deutsch-dänischen Grenzziehung aufgewachsen.

Spielt auch Schloss Schackenborg nahe der Grenze bei Tondern eine Rolle?

Leontine Gräfin von Schmettow: Schloss Schackenborg ist in den 1970er-Jahren in den Besitz der Königsfamilie gekommen. Und in den 1990er-Jahren hat ihr jüngerer Sohn Joachim das Schloss und die dazugehörige Landwirtschaft übernommen. Er hat da auch mit seiner zweiten Frau Marie teilweise gelebt. Dieses Schloss ist aber wieder aufgegeben worden. Man hat gesagt: Die Familie will lieber nach Kopenhagen ziehen. Es sei mit den königlichen Pflichten nicht vereinbar, dass er so weit von der Hauptstadt wohnt. Man weiß aber auch, dass es da wirtschaftliche Probleme gab.

Welches Verhältnis hat die Königin zur dänischen Minderheit in Deutschland?

Leontine Gräfin von Schmettow: Sie ist Königin aller Dänen, egal ob sie im In- oder Ausland leben. Insofern sind das auch ihre "Untertanen", die sie besucht. Und das öfters, als wir es vielleicht mitkriegen, weil sie auch inoffiziell oder privat nach Deutschland kommt. Und ich glaube, sie sieht die Minderheit als Brücke nach Deutschland. Denn Deutschland ist der wichtigste Handelspartner. Sie hat enge Beziehungen zu diesem Land, aus dem ihre Vorfahren stammen. Sie hat auch deutsches Blut in ihren Adern - auch wenn das die Dänen sicher lange Zeit nicht hören wollten und auch die deutsche Verwandtschaft am dänischen Königshaus nicht so gern gesehen war.

Königin Margrethe ist quasi die Nachfahrin eines Schleswig-Holsteiners - nämlich Christian IX. Wie genau ist das Königshaus verwandtschaftlich mit dem hiesigen Adel verflochten?

Leontine Gräfin von Schmettow: Königin Margrethe kommt aus dem deutschen Fürstenhaus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Das ist eine Nebenlinie des Hauses Oldenburg, die 1825 gegründet worden ist. Der jüngste Sohn des ersten Herzogs ist dänischer König geworden. Das ist Christian der IX. Und insofern ist sie eng verbunden. Wie weit sie das tatsächlich auch privat und familiär ist, ist mir nicht ganz klar. Bei Familienfesten habe ich Mitglieder des Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg eher vermisst. Ich glaube, dass die Verbindungen zum deutschen Fürstenhaus Sayn-Wittgenstein-Berleburg sehr viel enger sind. Das liegt natürlich daran, dass die jüngere Schwester der Königin den leider inzwischen verstorbenen Prinzen von Sayn-Wittgenstein-Berleburg geehelicht hat. Die Verbindung zum schleswig-holsteinischen Fürstenhaus ist eher sehr locker.

Wie gut sind eigentlich Margrethes Deutschkenntnisse?

Leontine Gräfin von Schmettow: Sie spricht fließend Deutsch. Sie ist ja sowieso eine sehr intelligente, gebildete, sehr sprachversierte Frau. Sie spricht sechs Sprachen.

Kronprinz Frederik wird seine Mutter eines Tages ablösen und König von Dänemark werden. Wie lange muss er sich gedulden, bis er an der Reihe ist? Glauben Sie, dass Margrethe II. irgendwann in Rente geht?

Leontine Gräfin von Schmettow: Ich weiß gar nicht, ob "gedulden" das richtige Wort ist. Denn wahrscheinlich ist er ganz froh. Er hat vier mehr oder weniger kleine Kinder und freut sich sicherlich, auch Zeit für die Familie zu haben. Und in dem Moment, wo er König wird, wären natürlich die Aufgaben und Verpflichtungen größer. Er wird so lange warten müssen, bis die Königin verstorben ist. Die Königin hat immer wieder gesagt, dass sie nicht in Rente gehen wird, so lange sie geistig fit ist. Ich glaube, sie hat dieses Amt als eine lebenslange Pflicht begriffen.

Welche Royals haben Sie am stärksten beeindruckt?

Leontine Gräfin von Schmettow: Sehr beeindruckend ist die britische Königin Queen Elisabeth, die jetzt schon 67 Jahre lang Königin ist - mit großer Würde und Anpassungsfähigkeit. Aber ich glaube auch Königin Margrethe ist eine Frau, die Vorbildcharakter hat. Nicht nur, dass sie sehr gut ausgebildet ist. Sie hat in London, Paris, Kopenhagen und Aarhus studiert. Sie ist unglaublich kreativ. Wie sie das schafft, neben dem Amt der Monarchin auch noch Bücher zu übersetzen, Gewänder zu entwerfen, zu malen oder, Ausstellungen zu machen. Und sie ist sehr geschätzt und beliebt im eigenen Land. Sie ist volksnah - mit Ecken und Kanten.

Welche fünf Dinge sollte man nicht falsch machen, wenn man die dänische Königin trifft?

Leontine Gräfin von Schmettow: Ich glaube, dass die Königin das gar nicht so eng sieht. Wir wissen, dass die skandinavischen Königshäuser gar nicht so auf Etikette pochen. Aber wenn man es genau nimmt und alles richtig machen will, dann sollte man vielleicht bei der Begegnung mit dieser Königin warten, bis man selber angesprochen wird. Man sollte ihr nicht die Hand reichen, bevor sie nicht signalisiert, dass sie einen begrüßen möchte. Man kann als Frau einen Knicks machen. Man muss es aber nicht. Und das gleiche gilt für den Herren. Man kann mit einem leichten Nicken des Kopfes eine Verbeugung andeuten. Wichtig ist bis heute noch die richtige Anrede - also "Majestät". Und als Regel Nummer fünf: Vielleicht eine gewisse Distanz bewahren. Wir wissen: Königinnen und Könige möchten nicht gerne umarmt werden. Zu viel Körperkontakt gefällt den Monarchen nicht.

Das Interview führte Peer-Axel Kroeske.


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