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Hallig Hooge: Zu Besuch bei Autorin Katja Just

von Peer-Axel Kroeske

04.08.2019 (archivierter Text)
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Nach dem Überraschungserfolg ihres ersten Buchs über das Halligleben erscheint nun das zweite. Grund genug, bei Erfolgsautorin Katja Just auf der Ockenswarft mal vorbeizuschauen.

Hallig Hooge, Hochsaison. Ein Ausflugsschiff nach dem nächsten legt am Fähranleger an. Viele Touristen ziehen Gepäck hinter sich her. Denn sonnabends ist auch in den meisten Unterkünften auf Hooge Bettenwechsel. Normalerweise wäre auch Katja Just jetzt im Stress. Denn sie lebt hauptsächlich von der Vermietung ihrer beiden Ferienwohnungen. Doch diesmal bleiben ihre Gäste zwei Wochen lang. Und so hat sie auch Zeit für eine kleine Runde "Barfuß auf dem Sommerdeich." So heißt ihr erstes Buch, das vor zwei Jahren erschienen ist. Sie beschreibt darin den Mikrokosmos der Hallig mit nur rund 100 Menschen, auf der alle aufeinander angewiesen sind, aber nicht immer an einem Strang ziehen. Es ist auch ein Einblick in ihre eigene Geschichte: Die Münchnerin lebt seit dem Jahr 2000 auf Hooge, der damalige Partner sprang noch vor dem Umzug ab. Auf der Hallig erlebte sie Höhen und Tiefen. "Das Schreiben war für mich Therapie," sagt Just.

Justs längster Freund auf der Hallig

"Früher war nicht so viel Kontakt. Da war sie mehr für sich alleine auf der Warft. Und durch das Buch ist sie hier mehr aufgenommen worden," sagt Jan Dell Missier. Just bezeichnet ihn als besten und längsten Freund auf der Hallig. In ihrem neuen Buch taucht er gleich im ersten Kapitel auf: 2017 zieht Sturm "Sebastian" auf, bis zum "Land unter" ist es nur eine Frage der Zeit. Die beiden treiben alle Tiere hoch auf die Warft. Doch ein Kälbchen rennt in die verkehrte Richtung.

Schon wieder "Sommerdeich"

Beide helfen sich auf der Hallig oft gegenseitig - bei den Gästebetten, Dell Missiers Kühen und auch bei Renovierungsarbeiten. Dann geht es zur Ockenswarft in das "Haus am Landsende" von Just. Wie auf jeder Warft stehen die Häuser auf der Anhöhe dicht beieinander - ein Kontrast zur Weite ringsherum. "Es waren viele Leser, die auf mich zu kamen und sagten: Wir wollen gerne mehr erfahren", sagt sie zu ihrem Entschluss, ein weiteres Buch zu schreiben. Natürlich hatte auch der Verlag großes Interesse an einem zweiten Band. Und erneut bestimmten die Profis aus Berlin den Titel: "Frische Brise auf dem Sommerdeich". Just ließ schon im Interview mit Jan-Malte Andresen zum ersten Buch durchblicken, dass ihr solche Titel zu viel Leichtigkeit suggerieren. Was sie möchte, ist ein realistischer Blick auf das Hallig-Leben - das bereichernd, aber auch anstrengend sein kann. Aber am Ende hat es ja funktioniert: Das Buch fand seine Leser.

Von einem Investor, einem Ofen, Kommunalpolitik und Hongkong

Die kurzen Kapitel des neuen Buches stehen für sich. In den zwei Jahren ist einiges passiert. Vor allem ist sie jetzt im realen Leben sogar Bürgermeisterin von Hallig Hooge. Hinzu kommen persönliche Geschichten: Sie erzählt unter anderem von einer Tracht, die sie abgeben muss, einem unerfreulichen Brief zum Thema Flüchtlinge, einem Investor mit unklaren Absichten und dem darauffolgenden Hallig-Schnack, einer Wattwanderung mit einem historischen Fund und einer länger zurückliegenden Reise nach Hongkong - der totale Kontrast.

Zündstoff oder Tourismuswerbung?

Was für die Leser unterhaltsam klingt, kann allerdings auf Hooge Zündstoff bedeuten. Just schreibt, dass sie leicht auf der Hallig aneckt. Sie ist sich bewusst, dass sie "tagein, tagaus immer gesehen wird. Der Schrei nach Anonymität ist da." Dell Missier berichtet, er habe bisher nur positive Rückmeldungen zum Buch bekommen: "Es gibt bestimmt auch Hallig-Bewohner, die es nicht so gut finden. Wir waren alle auch skeptisch. Aber sie hat es gut getroffen, so wie es eben ist auf der Hallig." Just glaubt ohnehin, dass höchstens zehn Hooger ihr erstes Buch komplett gelesen haben. Sie hat alle vorher um ihr Einverständnis gebeten, die sie mit echtem Namen erwähnt. Einige andere wissen vielleicht gar nicht, dass sie darin vorkommen. Da sind die Namen geändert.

Anerkennung der Halligleute ist ein großes Geschenk

Gleichzeitig hat der Bestseller bei vielen Lesern die Neugierde auf die Hallig geweckt. Wie viele Gäste deshalb zusätzlich kommen, ist schwer messbar. Doch es läuft gut und das Buch ist immer wieder Thema bei den Urlaubern. Sie sagt, sie habe einige Anerkennung von den Halligbewohnern dafür erfahren. Und das sei für sie ein großes Geschenk.

Die prominente Gastgeberin

Die Prominenz hat aber auch ihre Schattenseiten: Manchmal stiefeln Tagesgäste einfach durch ihren Garten - ein absolutes No-Go auf der Hallig, wo Privatsphäre ohnehin begrenzt ist. Für die Urlauber hat es natürlich eine andere Qualität, wenn sie jetzt bei einer bekannten Autorin einquartiert sind. "Sie ist sehr herzlich, wahrt aber auch die Distanz zu ihren Gästen," beschreiben Walter Dippert und Hanne Ehlert ihre Gastgeberin. Auch in diesem Urlaub haben sie aber schon den einen oder anderen Schnack gehabt. Und sie sorgen sich, dass Just bei den vielen Aufgaben das versäumt, was die Hallig aus ihrer Sicht ausmacht: Entschleunigung.

Wann kommt Teil drei? Auf alle Fälle nicht so schnell, meint Just. Als Bürgermeisterin habe sie noch weniger Zeit als vorher. Aber ausschließen will sie ein weiteres Buch nicht.


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