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Neuer Ärger beim Helios-Klinikum in Schleswig

von Peer-Axel Kroeske

08.04.2016 (archivierter Text)
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In knapp 900 Fällen sollen im Februar und März Ärzte und Pflegepersonal aus der Freizeit geholt worden sein. Die Vorwürfe wurden vor dem Flensburger Arbeitsgericht erstmals öffentlich bekannt.

Güteverhandlung - so nennen Juristen die Termine, bei denen der Richter zunächst versucht, beide Seiten zu einer einvernehmlichen Lösung zu bewegen. Doch am Freitag wurde daraus nichts. Ausgangspunkt war der Streit um die Dienstpläne am Schleswiger Krankenhaus. Seit Ende März spricht die Chefetage nicht mehr mit dem Betriebsrat ab, wer wann wie lange eingesetzt wird.

Betriebsrat: Helios setzt zu wenig Personal ein

Zuvor wurden die Arbeitnehmervertreter offenbar regelmäßig umgangen, wenn kurzfristig Personal einspringen musste. Bereits 2013 und 2015 stellten Gutachter in einer sogenannten Gefährdungsermittlung fest, dass die Mitarbeiter am Rande der Belastbarkeit arbeiten - insbesondere auf der Intensivstation. Im vergangenen Oktober musste der Krankenhaus-Konzern Helios schließlich 20.000 Euro Strafe zahlen, weil die Schleswiger Klinik Vorgaben zum Einsatz der Ärzte auf der Intensivstation ignorierte.

Der Betriebsrat will in einem Prozess nun erreichen, dass seine Bedenken ernst genommen werden. Aus der Sicht von Anwalt Max Oberberg setzt Helios durchgängig zu wenig Personal ein, so dass automatisch Lücken klaffen. Jeder betroffene Mitarbeiter müsse durchschnittlich alle zwei Wochen eine Sonderschicht einlegen, die nicht ausgeglichen werde. Laut Betriebsrat hat die Klinikleitung allein in den vergangenen zwei Monaten in 900 Fällen Mitarbeiter außerplanmäßig aus der Freizeit zur Arbeit gerufen, ohne dass der Betriebsrat der Änderung der Dienstpläne zugestimmt habe.

Helios: Prozedere zu umständlich

Personalleiter Bernd Kölling versuchte, die Vorwürfe zu relativieren. Aus seiner Sicht ist das Prozedere zu umständlich, wenn in einer angespannten Situation der Dienstplan kurzfristig geändert werden muss. Er schlug vor, hierüber zu verhandeln. Wie viele Verstöße es seien, könne er nicht sagen. Schleswig stünde aber noch besser da als manch anderer Standort.

Ordnungsgeld von jeweils 300 Euro droht

"Ihr Rechtsbewusstsein irritiert mich", entgegnete daraufhin der Richter. Er stellte klar, dass der Betriebsrat grundsätzlich beteiligt werden muss. In jedem einzelnen Fall, in dem dies nicht geschehe, drohe ein Ordnungsgeld von 300 Euro. In dringenden Fällen müsse zumindest nachträglich eine Information erfolgen. Doch auch das ist offenbar ausgeblieben. Erfolglos forderte der Richter die Geschäftsleitung auf, auf den Betriebsrat zuzugehen. Schließlich setzte er eine Verhandlung der Kammer für den 15. Juli fest - einen Tag vor dem geplanten Umzug der Klinik in den 80 Millionen Euro teuren Neubau in Schleswig.

Großer Druck, Gewinne zu erwirtschaften

Die Fronten bleiben somit verhärtet, zumal bereits viel Porzellan zerschlagen ist. Ärzte, die dem Betriebsrat nahestehen, würden gedrängt, das Haus zu verlassen, sagte Anwalt Oberberg. Aus seiner Sicht steht die Klinikleitung in Schleswig unter großem Druck, Gewinne zu erwirtschaften. In den vergangenen Wochen haben bereits 12 Ärzte gekündigt.

Bereits am 27. April steht am Arbeitsgericht Flensburg eine weitere Verhandlung zum Helios-Klinikum in Schleswig an. Dann geht es speziell um den Personaleinsatz in der Intensivmedizin.


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