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Steuerprivileg für Männer- und Frauenclubs in Gefahr

von Peer-Axel Kroeske

26.09.2017 (archivierter Text)
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Sie könnten ihre Gemeinnützigkeit verlieren: Vereine, die entweder nur Männer oder Frauen aufnehmen. NDR.de hat nachgefragt, wie groß die Sorge um die wichtigen Spendengelder ist.

Sie wirken wie ein Relikt aus alter Zeit. Aber es gibt sie noch: Sportvereine, in denen Männer unter sich sind, wie der Lübecker Ruderclub. Dieser traditionsreiche Verein mischt auch bei internationalen Wettbewerben oft ganz vorne mit. Und das kostet: "Ein olympiatauglicher Achter liegt bei 50.000 Euro", rechnet Schatzmeister Ulrich Bruß vor. Deshalb sammelt der Verein Spenden ein. Wer etwas gibt, kann den Betrag von der Steuer absetzen. Doch damit ist möglicherweise bald Schluss. Denn der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein Verein nicht gemeinnützig sein kann, wenn er Männer oder Frauen ohne sachlichen Grund von der Mitgliedschaft ausschließt.

Spezielles Urteil

Allerdings bezieht sich das Urteil zunächst nur auf eine Freimaurerloge, die auch nicht darauf ausgerichtet war, die Allgemeinheit zu fördern. Gleichwohl teilt der Bundesfinanzhof mit, das Urteil "könnte sich auf Vereine auswirken, die die Gemeinnützigkeit in Anspruch nehmen, wie z.B. Schützenbruderschaften, Männergesangsvereine oder Frauenchöre." Davon gibt es in Schleswig-Holstein Hunderte.

Chöre verunsichert

Nach Angaben des Sängerbundes Schleswig-Holstein sind in etwa der Hälfte der 350 registrierten Chöre Männer oder Frauen unter sich. Doch die Gemeinnützigkeit war für viele noch nie ein Thema, wie zum Beispiel für den MGV Tastrup oder den Shanty-Chor auf Sylt. Beim Männergesangverein Hürup von 1867 war dagegen geplant, die Satzung entsprechend zu ändern, um Steuervorteile zu erlangen. Daraus wird jetzt wohl nichts, glaubt der Vorsitzende Henning Knutzen.

Landfrauen: Zu viel Aufwand

Ähnlich wie bei den Chören verhält es sich bei den Landfrauen: "Für die paar Spenden lohnt es sich oft nicht, Gemeinnützigkeit zu beantragen", sagt Hauptgeschäftsführerin Ulrike Michaelis. Die Frage stellt sich allenfalls, wenn etwa der örtliche Supermarkt T-Shirts für die Nordic Walking Gruppe sponsern will. Doch dann müssen die Vereine jedes Jahr eine Steuererklärung abgeben. Alle drei Jahre wird die Gemeinnützigkeit neu geprüft. Nach Angaben des Landfrauenverbandes Schleswig-Holstein sind derzeit nur sechs von 175 Ortsvereinen gemeinnützig. Das könnten sie auch bleiben, meint Michaelis. Jedoch müssten die Vereine jetzt eben begründen, warum sie Männer ausschließen. So kommen zum Beispiel bei EDV-Kursen Frauen selten zum Zug, wenn die Männer daneben sitzen. Michaelis betont: Ziel der Landfrauen sei es zu fördern, nicht auszugrenzen.

Rotarier im Wandel

Reine Männerdomänen waren vor einigen Jahrzehnten noch Rotarier und Lions-Clubs. Hier pflegen Unternehmer und leitende Mitarbeiter von Institutionen ihre Kontakte. Zentrales Merkmal dieser Clubs ist auch, dass sie sich spendabel für wohltätige Zwecke zeigen. Der District Governor der Rotarier in Schleswig-Holstein und Hamburg Jörg Krause reist gerade durch die 77 Ortsvereine. Er schreibt, er sei "recht zuversichtlich, auch die noch Zögerlichen zur Aufnahme von Damen bewegen zu können." Die meisten seien schon gemischt. Bis Ende September wollen die Juristen bei den Rotariern ausarbeiten, wie mit der neuen Lage umzugehen sei.

Unbesorgte Lions

Aus Sicht der Lions ist entscheidend, wem das Geld zu Gute kommt und nicht, wer es spendet. Bei den Freimaurern, auf die sich das Urteil bezieht, sei als Hauptzweck die "Förderung der Religion" der eigenen Mitglieder angegeben, heißt es in einer Stellungnahme. Die Clubs selbst seien nicht gemeinnützig. Zu jedem Ortsverein gehöre jedoch ein Hilfswerk, das Männer und Frauen gleichermaßen fördere. Ohnehin seien es nur einige ältere Clubs, in denen Frauen ausgeschlossen sind.

Ruderclub will abwarten

Der Lübecker Ruder-Club sieht noch keinen Bedarf zu handeln. "Das Urteil muss erst einmal in einen Ländererlass gewandelt werden," meint Schatzmeister Bruß. Den werde er dann gründlich studieren. Bis dahin können noch einige Monate vergehen.


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