Sylt: Illegaler Gasthof-Abriss kann teuer werden
von Peer-Axel Kroeske
26.05.2023 (archivierter Text)
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Statt 30.000 Euro erwartet Bürgermeister Benck jetzt ein Bußgeld von mehr als einer halben Million Euro.
Wenn die Strafe geringer als der Gewinn ausfällt, den jemand mit einer illegalen Handlung erzielt, dann läuft etwas verkehrt. Genau dieser Verdacht sorgte auf Sylt am 30. Dezember 2022 für viel Frust, als der Eigentümer den alten Gasthof in dem Dorf an Sylts Nordspitze abriss, ohne eine Genehmigung zu haben. Es war offenbar ein kalkulierter Grenzübertritt. Vielen Syltern galt diese Aktion als Musterbeispiel für den Ausverkauf der Insel. In List demonstrierten zum Jahresbeginn mehrere Hundert Menschen.
Geldbuße soll wirtschaftlichen Vorteil übersteigen
Bisher sah es so aus, als würde der Kreis Nordfriesland diese Ordnungswidrigkeit höchstens mit dem vorgesehenen Maximalbetrag von 30.000 Euro ahnden. Aus Sicht von Bürgermeister Ronald Benck (CDU) wäre das aber ein Betrag, der in keinem Verhältnis zu den Summen steht, die der Investor dort bewegt. Dieser wolle drei Doppelhaushälften errichten, die auf Sylt einen Millionenbetrag wert sein dürften. Die Gemeinde List reichte deshalb eine Fachaufsichtsbescherde ein. Zentrales Argument: Paragraph 17 Absatz 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten: "Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden."
Knifflige Rechnung: Wie hoch ist der Gewinn?
Das schleswig-holsteinische Justizministerium hat sich nun dieser Sichtweise angeschlossen. Das Innenministerium hat den Kreis Nordfriesland gebeten, dies zu berücksichtigen. Anordnen können die Ministerien die Höhe des Bußgeldes nach eigenen Angaben allerdings nicht. Die Kreis-Baubehörde müsste nun den Gewinn des Investors schätzen, wenn sie der Empfehlung folgt. Die Kreisverwaltung teilte am Freitag mit, sie wolle zunächst noch Rücksprache mit dem Innenministerium halten und könne sich erst in der kommenden Woche zu dem Fall äußern. Bürgermeister Benck macht sich keine Illusionen: Falls der Kreis tatsächlich ein hohes Bußgeld ansetzt, erwartet er einen Widerspruch und eine Klage des Investors. Die Neubauten können nach jetziger Rechtslage trotzdem errichtet werden.