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FSG: Ex-Werftbeschäftigte vor schwieriger Jobsuche

von Peer-Axel Kroeske

19.01.2021 (archivierter Text)
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In Flensburg soll eine Transfergesellschaft den 230 freigesetzten Mitarbeitern der Flensburger Schiffbau Gesellschaft (FSG) neue Perspektiven verschaffen. Doch kurz vor Ende lösen sich bereits zugesagte Stellen in Luft auf.

Sie fallen kaum ins Auge: Provisorisch angeklebte Blätter weisen an dem Zweckbau gegenüber der Werft darauf hin, dass hier die "Transfergesellschaft Küste GmbH - Betriebsstätte FSG" ihren Sitz hat. Mit 230 Mitarbeitern ist es formell eines der größeren Unternehmen in Flensburg. Doch es besteht nur übergangsweise.

Moralischer Druck zum freiwilligen Übergang

Im August hatte der Finanzinvestor Lars Windhorst angekündigt, die FSG nach der Insolvenz fortzuführen, aber nur mit der Hälfte der Belegschaft. Den übrig gebliebenen wurde nahe gelegt, in die Transfergesellschaft zu wechseln und damit auf eine Abfindung zu verzichten. Das geschah mit moralischem Druck: Windhorst betonte, die Werft könne nur fortbestehen, wenn 95% das Angebot annehmen. Fast alle zogen mit. Der Vorteil der Transfergesellschaft: Die Beschäftigten rutschen nicht in die Arbeitslosigkeit und werden in neue Jobs vermittelt - wenn es gut läuft.

Fachkräfte anfangs gefragt

Zuerst sah es tatsächlich danach aus. Ein dänisches Unternehmen forderte 40 Schweißer an. Michael Schmidt von der IG Metall freut das. Wichtig sei, dass Qualifikationen nicht verloren gehen, meint er. Die Transfergesellschaft organisierte Fortbildungen, damit die Schweißer aktuelle Zertifikate vorweisen können und Dänischkurse. Andere Kollegen wurden etwa in Maschinensteuerung geschult.

Dutzende Stellenangebote

Der Flur in dem Zweckbau hängt zudem voll mit DIN A4-Zetteln, auf denen etliche Stellenangebote zu finden sind. Renommierte Flensburger Betriebe aus Maschinen- und Fahrzeugbau, Pharma und Elektronik sind darunter. Auch Umschulungen kommen in Frage - mit Jobgarantie nach zwei Jahren, sagt Oliver Fieber vom Unternehmen ADS, das bundesweit Transfergesellschaften organisiert. In einem so genannten Profiling wird zuerst ermittelt, welche Fähigkeiten die Kollegen mitbringen. Fieber ist es wichtig, dass die Jobs zu den ehemaligen Werftbeschäftigten passen. Etwa zwei Drittel bringen Qualifikationen aus der Produktion, ein Drittel aus dem kaufmännischen Bereich mit. Die Facharbeiter erwarten gute Löhne. Wer ins Handwerk wechselt, müsse aber Verluste in Kauf nehmen, so der Experte.

Corona verhagelt die Bilanz

Von allen Kollegen, die nicht ohnehin kurz vor der Rente stehen, konnte die Transfergesellschaft zwischenzeitlich gut die Hälfte vermitteln. Doch dann kam der Rückschlag. "Etwa 20 Beschäftigte hatten ihre Probezeit gerade begonnen. Da war das Arbeitsverhältnis auch schon wieder beendet," so Fieber. So mussten andere Werften aufgrund der zweiten Corona-Welle Kurzarbeit anmelden.

Verlängerung in Aussicht

Da einige Beschäftigte aber bereits vermittelt sind oder es vorübergehend waren, ist noch etwas Geld übrig. Ursprünglich sollte die Transfergesellschaft Ende Januar beendet sein. Jetzt ist geplant, ausgewählte Mitarbeiter noch bis Ende Februar zu beschäftigen und bis Ende März zu betreuen, wenn der Beirat zustimmt. Finanziert wurden die Gehälter gemeinsam aus der Insolvenzmasse und mit Geldern der Bundesagentur für Arbeit. Fieber hofft, dass sich der Arbeitsmarkt im Frühjahr belebt, wenn der Lockdown beendet sein sollte. "Abgerechnet wird zum Schluss," betont er. Bis die FSG eventuell wieder einstellt, werde es aber noch länger dauern, schätzt Fieber. Nach fast einem Jahr ohne Produktion hat die Flensburger Werft seit Dezember wieder den Auftrag zum Bau einer Frachtfähre. Den Kollegen, die nirgendwo unterkommen, droht aber Arbeitslosigkeit oder sie gehen in die Frühverrentung.


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