Flensburger Werft in finanzieller Schieflage
von Peer-Axel Kroeske
28.01.2019 (archivierter Text)
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Lieferanten bekommen kein Geld, externe Arbeiter verlassen das Gelände. Bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft herrscht trotz guter Auftragslage große Unruhe.
Die Gehälter für den Januar sind sicher. Dies war die zentrale Botschaft der Geschäftsführung auf einer Mitarbeiterversammlung für die 650 Festangestellten der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) am vergangenen Freitag. Das ist die gute Nachricht. Aber was ist mit dem Februar-Gehalt? Nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein befindet sich die Flensburger Werft in einer schwierigen finanziellen Situation. Verzögerungen bei einem Neubau hätten zu erheblichen Verlusten geführt, bestätigte die Werft am Montag auf Nachfrage.
Offenbar hat die FSG Rechnungen von Lieferanten nicht bezahlt. Verschiedene Beobachter berichten, dass zahlreiche Beschäftigte externer Firmen das Gelände verlassen haben. Rund 1.800 Arbeiter - Festangestellte, Leiharbeiter und Werkverträgler - arbeiten normalerweise auf dem Gelände der FSG. Nun bleibt Arbeit liegen, obwohl die Werft unter Zeitdruck steht. Die neuen Schiffe müssen ausgeliefert werden. Schon im Sommer soll die große Passagierfähre "Honfleur" die Werft verlassen. Bei verzögerten Auslieferungen werden üblicherweise Konventionalstrafen fällig.
Neue Landesbürgschaft erforderlich
Nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein laufen im Finanz- und im Wirtschaftsministerium bereits seit einiger Zeit Gespräche. Man arbeite daran, die Finanzierung der Neubauten abzusichern, sagte ein Ministeriumssprecher auf NDR Anfrage. Landesregierung, Werft und Eigentümer sind nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in enger Abstimmung. "Es geht um viele Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein", sagte Minister Bernd Buchholz (FDP). "Bekanntermaßen arbeitet die Landesregierung im Schiffbau auch mit Bürgschaften." In den Gesprächen gehe es vor allem um klare Bedingungen, die das Land an eine mögliche Bürgschaft knüpft, sagte Buchholz.
Eine neue Bürgschaft wird benötigt, damit die FSG an Kredite kommt, mit denen die Baukosten für die Schiffe vorfinanziert werden können. Im Schiffbau bezahlen die Auftraggeber den vollen Kaufpreis erst bei Auslieferung eines Schiffes. Aus dem Wirtschaftsministerium gibt es keine weiteren Details. Offiziell heißt es nur, mit der Werft werde intensiv kommuniziert, um eine Lösung zu finden.
Verluste über mehrere Jahre
Schon 2014 stand die FSG unter Druck. Damals waren Aufträge storniert worden und für zwei Neubauten gaben Banken keinen Kredit mehr. Dann kaufte das internationale, finanzkräftige Unternehmen Siem das Unternehmen. 2016 wagte sich die Werft, die vor allem Frachtfähren baute, auf neues Terrain: den Bau großer Passagierfähren. Sie sind technisch anspruchsvoller, weitaus teurer, zudem ist die Werft stärker von Lieferanten abhängig. Im Dezember wurde für einen Auftraggeber aus Irland mit der "W.B. Yeats" die erste große Passagierfähre ausgeliefert. Der Bau dauerte allerdings ein halbes Jahr länger als geplant. Nach Angaben der FSG führte dies zu erheblichen Verlusten. Sie brachten nun offenbar das Fass zum Überlaufen, nachdem das Unternehmen bereits mehrere Jahre in Folge rote Zahlen in zweistelliger Millionenhöhe ausgewiesen hatte.
FSG: Intensive Gespräche über Finanzierungsplan
Die FSG äußerte sich heute schriftlich zur schwierigen finanziellen Situation der Werft: "Die Verzögerungen des Neubaus 771 (der W.B. Yeats, Anmerkung der Redaktion) verursachten bei der FSG erhebliche Verluste", heißt es in der Stellungnahme von Geschäftsführer Rüdiger Fuchs. "Die FSG hat einen Plan zur Finanzierung der Werft entwickelt, zu dem wir uns derzeit in intensiven Gesprächen mit dem Land Schleswig-Holstein, Kunden und Lieferanten sowie dem Betriebsrat und der IG Metall befinden. Es ist unser Ziel, die Unterstützung aller Beteiligten in möglichst kurzer Zeit zu erhalten."
Offenbar werden die kommenden Tage und Wochen über die Zukunft der 1872 gegründeten Flensburger Schiffbau-Gesellschaft entscheiden.