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Solar-Boom: Mehr Voraussicht beim Stromnetzausbau in SH

von Peer-Axel Kroeske

01.06.2023 (archivierter Text)
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Alle wollen Solaranlagen. Die SH Netz AG will beim Ausbau jetzt die Fehler vermeiden, die bei der Windkraft oft für Abschaltungen sorgten.

Das Problem ist so alt wie die Energiewende: Die Wind- oder Solaranlage ist schneller gebaut, als dass sie mit ausreichender Leistung angeschlossen werden kann. Denn die Betreiber des Stromnetzes durften bisher erst loslegen, wenn sicher war, dass das neue Umspannwerk oder die neue Leitung auch gebraucht wird.

Nun ist aber eine Dynamik im Spiel, die schnelles Handeln erfordert. Bis 2030 wird sich die Spitzenleistung erneuerbarer Energie in Schleswig-Holstein auf 30 Gigawatt (GW) verdreifachen. Damit rechnet das Unternehmen Hansewerk, zu dem auch die Schleswig-Holstein Netz AG gehört. Grundlage sind die Pläne der Bundesregierung. Investoren stehen Schlange, denn auch ohne Zuschüsse gelten neue Anlagen als konkurrenzfähig.

Zehnmal so viele Anmeldungen

Die Zahl der Anmeldungen für Solaranlagen und Speicher wird sich zum Jahresende im Vergleich zu 2019 verzehnfacht haben. Insbesondere die Photovoltaik (PV) auf Freiflächen erlebt absehbar einen Boom: In nur einem Jahr haben sich die Anfragen für eine spätere Stromeinspeisung laut Hansewerk auf 16 GW verdoppelt. Schleswig-Holstein wird damit zum Kraftwerk für ganz Deutschland. Doch eine übergeordnete Flächenplanung durch das Land wie bei der Windkraft ist nicht in Sicht.

Gemeinden sollen melden, mit welcher Solarfläche sie rechnen

Ein PV-Freiflächenatlas für Schleswig-Holstein soll nun helfen, vorausschauend zu planen. Denn fast alle Stromleitungen der mittleren Ebene, für die Hansewerk zuständig ist, müssen verstärkt werden. 20 neue Umspannwerke sind nötig, die typischerweise etwa die Fläche von acht Fußballfeldern belegen. Auch ihre Zahl verdoppelt sich. Die Kommunen haben bereits gemeldet, wie viele Hektar die großen PV-Anlagen voraussichtlich in ihrem Gebiet belegen werden. Im Juli soll der Atlas vorliegen. Im Gegenzug appelliert Hansewerk an die Kommunalpolitiker, neue Anlagen nur zu genehmigen, wenn ein Netzanschluss auch in Aussicht steht.

Monatelanges Warten auf den Anschluss

Da das nicht immer der Fall ist, bauen Solar- und Windparkbetreiber ihre Umspannwerke oft bereits auf eigene Kosten. Die Branche klagt generell, dass Hansewerk überfordert sei. Boxberger räumt ein: "Wir haben Wartezeiten bekommen, die für einzelne Projekte nicht akzeptabel waren." Beschwerden häufen sich. Manchmal dauert es Monate, bis eine fertige Anlage ans Netz darf - im Großen wie im Kleinen.

Mehr als 50 neue Mitarbeiter sollen Wartezeiten verkürzen

Hansewerk hat mehr als 50 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Installateure können zudem auf ein digitales Antragsportal zugreifen, das Abläufe erleichtern soll. "Aber wir können gar nicht so viele Leute einstellen, um diesem Anfragesturm komplett entgegenzuarbeiten", stellt der Hansewerk-Vorstand ernüchtert fest. Kein Trost: Das gelte auch für die Monteure. Es geht um viel Geld: Hansewerk will bis 2025 eine Rekordsumme von 1,25 Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren, die Hälfte davon in die Stromnetze.

LNG aus Brunsbüttel im schleswig-holsteinischen Erdgas-Netz

Auch beim Erdgas ist vieles im Umbruch: Der Verbrauch ist in Schleswig-Holstein um etwa 20 Prozent zurückgegangen. Durch das hiesige Netz fließt bereits zu mehr als der Hälfte (LNG) Flüssigerdgas aus aller Welt, das Schiffe in Brunsbüttel anlanden. Und nicht zuletzt steigt der Anteil an Biomethan, wenngleich auf niedrigem Niveau. Derzeit können etwa 6.000 Haushalte mit der Produktion der schleswig-holsteinischen Biogasanlagen versorgt werden. In einigen Jahren soll die Menge für 50.000 Haushalte reichen.

Ehrgeiziger Plan: Wärmenetze bis 2030 fossilfrei

Als Energiequelle für örtliche Nahwärmenetze ist Gas allerdings ein Auslaufmodell. Das Heizwerk der Zukunft soll Wärmepumpen, Geothermie, Erdwärme, Solarthermie, Wind- und Sonnenenergie miteinander in einer "grünen Wärmebox" kombinieren. Bereits 2030 will Hansewerk sämtliche Wärmekunden in den schleswig-holsteinischen Netzen fossilfrei versorgen.


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