Info-Marathon auf YouTube zur Atommüll-Endlagersuche
von Peer-Axel Kroeske
28.10.2020 (archivierter Text)
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Auf YouTube informiert die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) seit Mittwoch darüber, warum sie jedes einzelne der 90 Teilgebiete ausgewählt hat. Bürger können Fragen stellen.
Für die unvorstellbare Zeit von einer Million Jahren sollen die hochradioaktiven Abfälle aus Kernkraftwerken sicher unter die Erde gebracht werden. Fast ganz Schleswig-Holstein sei dazu geeignet, befanden die Experten der BGE Ende September. Dabei umfassen zwei Teilgebiete große Bereiche Norddeutschlands mit Tongestein.
Tongestein großflächig, Salzstöcke lokal begrenzt
Lokal abgegrenzt sind dagegen die Steinsalz-Vorkommen. In diesen Gemeinden wächst bereits die Aufmerksamkeit. In manchen Fällen hat die BGE aber auch mehrere Salzstöcke an ganz verschieden Orten zu einem Teilgebiet zusammengefasst. So umfasst das Teilgebiet 076_02 insgesamt fünf Vorkommen von Malente bis ins Lauenburgische, sowie in Niedersachsen.
90 Videokonferenzen an acht Tagen
Um den Auswahlprozess zu erklären, bietet die BGE nun an acht Tagen bis zum 6. November Videokonferenzen zu jedem einzelnen der 90 Teilgebiete an. Bürger können vorher ihre Fragen einreichen oder telefonisch stellen. Für angemeldete Nutzer ist dies auch live per Texteingabe im YouTube-Chat möglich. Ursprünglich wollten sich jeweils zwei Experten und ein Moderator dazu in ein Studio setzen. Corona-bedingt sind sie nun virtuell zusammengeschaltet.
Zwischen 17 und 21 Uhr laufen jeweils drei Infoangebote gleichzeitig. Die meisten Veranstaltungen mit Bezug zu Schleswig-Holstein werde BGE-Geschäftsführer Stefan Studt moderieren, sagte eine Sprecherin. Von 2014 bis 2017 war Studt als SPD-Politiker Innenminister in Schleswig-Holstein.
Initiative in Sterup hat Fragen eingereicht
Sterup im Kreis Schleswig-Flensburg gehört zu den Gemeinden mit einem Salzstock. Hier kämpfte die Initiative "Angeliter bohren nach" bereits gegen die Ölförderung. Jetzt findet sich die Gruppe wieder zusammen. Treibende Kraft ist Ingrid Lohstöter, die bereits tief in der Thematik steckt. "Es gibt eine Karte von 2007 der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe über untersuchungswürdiges Salzgestein - da ist ganz Schleswig-Holstein nicht drauf," berichtet sie. Nun will sie wissen, warum das Land nicht auch diesmal gleich ausgeschlossen wurde.
Gebiete unter Wasser in der Vorauswahl
Für Irritationen hatte bei der Vorauswahl gesorgt, dass auch große Bereiche von Nordsee und Ostsee als Teilgebiet markiert sind. Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein erklärte eine BGE-Sprecherin, dass im ersten Schritt ausschließlich die Geologie untersucht wurde. Ein zu erwartender Anstieg des Meeresspiegels durch den Klimawandel sei ebenfalls noch nicht berücksichtigt worden.
Falls in den nächsten eine Million Jahren die Antarktis abschmilzt, steigt der Meeresspiegel nach Schätzungen von Experten um rund 60 Meter. Schleswig-Holstein wäre dann weitgehend unter Wasser. Darauf hatte bereits der Landrat des Kreises Schleswig-Flensburg, Wolfgang Buschmann (parteilos), hingewiesen.