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Das Ende der Feuchtigkeit im Schleswiger Dom

von Peer-Axel Kroeske

24.10.2021 (archivierter Text)
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Die Westwand des Schleswiger Doms war vollgesogen wie ein Schwamm. Für 21 Millionen Euro wurde er saniert. Jetzt wurde der Dom neu eröffnet.

Statt auf der Kanzel stand Pastor Andreas Hamann in den vergangenen Jahren oft auf dem Baugerüst. Nicht immer war ein Fahrstuhl verfügbar und er musste eine Treppe nehmen. Es ging ganz schön in die Beine, sagt Pastor Hamann. Jetzt ist der Dom vor Wind und Wetter geschützt, die bunten Glasfenster mit biblischen Motiven erstrahlen im Licht, der Bordesholmer Brüggemann-Altar ist restauriert und die Orgel klingt wie neu. Doch es war ein weiter Weg. Vor der Sanierung war die Feuchtigkeit überall im Kirchenraum zu spüren. Besonders an der Westseite drückte der Regen durch das Mauerwerk.

Klinik oder Dom - Großprojekte ticken immer ähnlich

Andreas Hamann hatte zwar schon seinen Resthof in Struckum (Kreis Nordfriesland) saniert. Mit Expertenwissen in Baufragen konnte er aber nicht aufwarten. Doch er kannte sich mit großen Projekten aus. Ursprünglich hatte er Krankenpflege gelernt. Später koordinierte er im Flensburger Malteser-Krankenhaus die Patientendokumentation und den Ablauf in den OPs. "Ich habe ein Gespür für Zahlen. Ich kann mit Menschen kommunizieren. Ich muss die Menschen, die miteinander arbeiten sollen, aufeinander zu bewegen," befindet er über sich selbst. Das seien die Grundkompetenzen für das Organisieren von Projekten. Worum es inhaltlich geht, spiele dann eher eine untergeordnete Rolle.

Fachdiskussion unter Statikern - und keiner versteht's

Es gab durchaus Momente, in denen Hamann inhaltlich nicht mehr folgen konnte. Zumindest war er damit nicht allein. "Wir hatten Fragen zwischen Gerüststatik und Gebäudestatik zu lösen. Da haben sich wirklich hochqualifizierte Leute unterhalten. Und alle, die mit am Tisch saßen, haben betreten zu Boden geguckt, als nur noch die beiden Profis lebhaft miteinander diskutierten," erinnert sich Hamann. Das betraf einen besonders kritischen Eingriff in großer Höhe: "Wie kriegen wir den Turm statisch stabil, obwohl wir tragende Elemente in ganz großer Fläche ausbauen und wieder einbauen müssen?" Die Fachleute konnten es klären. Der Turm ist bekanntlich nicht eingestürzt.

Fenster, Orgel, Bordesholmer Altar - alles in neuem Glanz

Im Innenraum fällt sofort auf, dass die schweren Holzbänke verschwunden sind. Hier kann jetzt bei Bedarf bestuhlt oder die große Fläche genutzt werden. Die Hauptattraktion ist 500 Jahre nach ihrer Entstehung komplett restauriert zurück im Schleswiger Dom: der Bordesholmer Altar. Auf der gegenüberliegenden Seite ragt die Marcussen-Orgel über das Kirchenschiff. Sie wurde in Einzelteile zerlegt, gründlich gereinigt und wieder eingebaut. Organistin Mahela Reichstatt, die im Februar ihre Stelle angetreten hat, kann jetzt endlich loslegen: "Es ist wie ein Heimkommen. Ich habe zwei Jahre in Frankreich studiert, kenne die großen französischen Kathedralen und wenn ich jetzt in den Schleswiger Dom komme, dann freue ich mich einfach, diese Zeit zu nutzen."

Fünf Jahre bis die Mauern trocken sind

All das war nötig, weil die Maurer in den 1950-er Jahren bei der letzten großen Sanierung einen entscheidenden Fehler machten. Sie verwendeten zu viel Zement in der Mörtelmischung. "Es war guter Wille dabei," schätzt Andreas Hamann. Der Effekt war aber nachteilig. Zudem fehlte in großen Bereichen zweischaliges Mauerwerk. Das Eindringen neuer Feuchtigkeit ist jetzt gestoppt. Dennoch wird es etwa fünf Jahre dauern, bis die Wände ausgetrocknet sind. Ein Windfang am Eingang sorgt für zusätzlichen Schutz. Zum Bauprojekt gehörten auch noch Rampen für die Barrierefreiheit, Umbauten für den Brandschutz und Kronleuchter für besseres Licht. Die Liste ist lang.

Gottesdienst, Empfang, Orgelkonzert, Lichtreise

Jetzt ist, bis auf wenige Restarbeiten, alles fertig. Nicht nur Andreas Hamann ist erleichtert, auch sein Chef, Bischof Gothart Magaard: "Ich freue mich, dass es überhaupt geklappt hat. Denn, als das Ausmaß der Sanierungsbedarfs deutlich wurde, haben wir uns gefragt: Wie soll das überhaupt gehen?" Die Kosten stiegen von ursprünglich geplanten 17 auf 21 Millionen Euro. Doch gab es die feierliche Eröffnung - mit einem Gottesdienst in der Kantorei und einem Besuch von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Er betonte, dass die Bedeutung des Doms über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus reiche. Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt sprach von einem Gänsehautmoment, als zum Gottesdienst die Glocken läuteten. Es folgte unter anderem ein Orgelkonzert. Außerdem wird die Künstlerin Katrin Bethge zwei Wochen lang Muster und biblische Szenen in den Innenraum projizieren - bei der "Lichtreise" bis zum 14. November jeweils von 17 bis 21 Uhr.

Ein Lebensabschnitt geht zu Ende - und ein neuer beginnt

Und was macht Andreas Hamann jetzt? "Ich werde in den nächsten Monaten noch damit beschäftigt sein, aufzuräumen, Verwendungsnachweise zu machen, Projektdokumentation, und im Frühjahr gibt es dann irgendwann eine Veränderung." Vielleicht als Gemeindepastor? "Das könnte sein. Zum Beispiel im schönen Nordfriesland, wo ich zu Hause bin - das ist durchaus eine Möglichkeit."


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