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Bischof oder Bischöfin: Nordkirche wählt in Rendsburg

von Peer-Axel Kroeske

24.06.2023 (archivierter Text)
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Die Synode der evangelische Nordkirche wählt heute den neuen Bischof für den Sprengel Schleswig und Holstein. Es kandidieren: Friedemann Magaard und Nora Steen. Wofür stehen die beiden?

Trotz vieler Unterschiede verbindet beide einiges. Er hat in ihrem aktuellen Büro vor einigen Jahren gesessen. Friedemann Magaard war bis 2018 theologischer Leiter und Geschäftsführer des Christian-Jensen-Kollegs in Breklum (Kreis Nordfriesland). Nora Steen ist seine Nachfolgerin. Es ist ein kirchlicher Wohlfühlort. Ein "Garten der Sinne" inspiriert beim Gedankenaustausch. Hier laufen Seminare und Fortbildungen über Achtsamkeit und Nachhaltigkeit.

Panne bei Operation brachte Nora Steen zum tieferen Glauben

Die zweite Parallele: In beiden Elternhäusern war der Vater Pastor. Und die Entscheidung, Pastorin zu werden, war kein Selbstgänger. "Ich war da immer sehr kritisch als Jugendliche," erzählt Nora Steen, die in Braunschweig aufwuchs. In der kirchlichen Jugendarbeit seien aber Themen angesprochen worden, bei denen sie sich gesehen fühlte. Schließlich führte ein Operationsfehler zu einem Krankenhausaufenthalt, der sie während des Theologiestudiums zu einem tieferen Glaubensverständnis brachte: "Ist es so, dass Gott uns lenkt oder bestraft oder ist es nicht genau der Gott, der dann da ist, wenn wir denken: Jetzt ist alles vorbei?"

Friedemann Magaard wollte professionell Cello spielen

Bei Friedemann Magaard war es ebenfalls eine Krise, die in ihm den Wunsch auslöste, sich mehr mit der christlichen Religion zu beschäftigen. Er verbrachte seine Kindheit in Schleswig. Eigentlich wollte er Musiker werden. Das Cello war sein Instrument. Eine Entzündung machte diesen Traum zunichte. "In der Zeit hat mich ein Pastor in der Stadt, bei dem ich in der Jugendarbeit war, ganz wesentlich aufgefangen. Und als es mir wieder gut ging, sagte ich: Das will ich auch! Ich werde Seelsorger und Theologe."

Gegenwind beim "Wort zum Sonntag"

Magaard und Steen haben Medienerfahrung, nicht nur in den sozialen Medien. Er ist regelmäßig im "Gesegneten Abend" auf NDR 1 Welle Nord zu hören. Auch sie verfasste bereits Radioandachten für den NDR und stand sogar vor der Kamera: 25 mal beim "Wort zum Sonntag". Wer dort politische und gesellschaftliche Themen anspricht, muss sich auf einiges gefasst machen. Ihre Anmerkungen zur Reaktorkastrophe in Fukushima sorgten für heftige Reaktionen. Es hagelte Hassbotschaften, nachdem sie 2014 über den Auftritt des österreichischen Travestiekünstlers Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest gesprochen hatte.

Nora Steen meint dazu: "Es muss einfach Menschen geben - die stellen sich in den Wind. Die Frage ist immer: Wo geht es um unseren Kern, die Botschaft vom Evangelium, die einfach bedeutet, dass alle Menschen - egal woher sie kommen, was sie getan haben - unabdingbar von Gott geliebt werden."

"Wir haben die Aufgabe, kritische Fragen zu stellen"

"Wer schweigt, der nimmt ja auch Stellung, der nimmt hin," ist Friedemann Magaard überzeugt. "Die Kirche wird sich und muss sich politisch einmischen, wobei sie auch ihre Grenzen kennen muss. Wir sind nicht die besseren Bauingenieure, Architekten und Volkswirte. Aber wir haben die Aufgabe, kritische Fragen zu stellen," unterstreicht er. Ein zentrales Thema ist aus seiner Sicht der Umgang mit Flüchtlingen an den Außengrenzen der EU: "Das kann man nicht unter Knastbedingungen in der Wüste regeln."

Gemeindeerfahrungen in Lissabon und Husum

Dass auf die evangelische Kirche schwierige Jahre zukommen, ist beiden bewusst. Die Mitgliedszahlen gehen zurück, Gemeinden bilden Verbünde, neue Pastorinnen und Pastoren fehlen. Nora Steen sieht sich dabei auch als Anwältin der Jüngeren: "Wir haben auf der Leitungsebene im Prinzip nur eine Generation vertreten," beklagt sie. Weniger Hierarchie, mehr Mitwirkung will sie erreichen. Beide haben auch Erfahrung als Gemeindepastoren, wenngleich ganz unterschiedlich: Sie leitete die deutsche evangelische Gemeinde in Lissabon. Sein aktuelles Zuhause ist das Pastorat der Marienkirche am Husumer Markt.

Magaard ist nicht gleich Magaard

Friedemann Magaard ist sich bewusst, dass seine Kandidatur auch kritisch beäugt wird. Schließlich ist er der jüngere Bruder des amtierenden Bischofs Gothart Magaard. Knapp zehn Jahre trennen die beiden. Dazu meint er: "Das ist ein Amt, um das man sich nicht bewirbt, sondern zu dem man aufgefordert wird. Und diese Aufforderung hat ja nichts mit dem familiären Kontext zu tun, sondern sie meint mich mit meinen Erfahrungen und meiner Haltung."

Die 135 Mitglieder der Landessynode müssen sich nun in Rendsburg entscheiden. Denkbar ist, dass mehrere Wahlgänge nötig sind. Die Nordkirche überträgt die Versammlung live im Internet.

Wer zum Sprengel Schleswig und Holstein gehört

Der Bischof oder die Bischöfin der Nordkirche mit dem Amtssitz in Schleswig ist für den Sprengel Schleswig und Holstein zuständig. Zu ihm gehören diese acht Kirchenkreise:

Schleswig-Flensburg

Nordfriesland

Dithmarschen

Rendsburg-Eckernförde

Altholstein

Rantzau-Münsterdorf

Plön-Segeberg

Ostholstein

Andere Teile des Bundeslandes Schleswig-Holstein gehören zum Sprengel Hamburg und Lübeck.


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