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Biogas-Branchentreffen im Wandel der Energiekrise

von Peer-Axel Kroeske

22.09.2022 (archivierter Text)
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Biogas könnte gerade jetzt Lücken bei der Energieversorgung schließen - als Treibstoff oder flexible, heimische Ergänzung, wenn Wind und Sonne schwächeln. All das war Thema beim Branchentreff in Rendsburg.

In der Halle steht ein blauer Schlepper mit einer großen Metallbox vorne, die Hochdruckflaschen mit aufbereitetem Biogas enthält. Damit wird das Fahrzeug neben Diesel zur Hälfte angetrieben. Das Prinzip ist nicht ganz neu, Methan-Schlepper gibt es schon. Aber so können noch größere und leistungsfähigere Maschinen bewegt werden. Nils Schäfer vom Landesverband der Lohnunternehmer sieht Potential: "Neu ist, dass man das größere Tankvolumen hat und dass man die Lösung auch bei vorhandenen Schleppern integrieren kann." Elektroakkus bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen sind aus seiner Sicht noch keine Alternative - zu groß, zu wenig Kapazität.

Die Umrüstung auf Biogas kostet 30.000 Euro. Ingo Börner vom Unternehmen Cleantec aus Bokel (Kreis Pinneberg) schickt mobile Teams durchs Land, die den Umbau bewerkstelligen: "Wir können eben jeden Dieselkolbenmotor auf Mischbetrieb umsetzen. Das Rohgas muss aufbereitet werden. Danach erfolgt die Verflüssigungsmöglichkeit von Biomethan zu Bio-LNG. Und das was neu ist, ist dass es inzwischen Hofanlagen gibt, die das ermöglichen." Anlagenbetreiber müssen laut Börner etwa fünf Millionen Euro investieren, um zur "Biogas-Tankstelle" werden zu können, indem sie das Biogas entsprechend aufbereiten. Der Landwirt als sein eigener Treibstoffproduzent - bisher ist das noch ein kleines Feld.

Biogas kann Preise für Fernwärme stabil halten

Bedeutender ist bereits das Thema Wärme. Wo Biogasanlagen kommunale Fernwärmenetze speisen, entfällt die Abhängigkeit von fossilem Erdgas. Das kleine Dorf Tüttendorf bei Gettorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) gilt in der Branche als Musterbeispiel für ein gelungenes Konzept, denn dort wird stündlich flexibel auf die Marktsituation reagiert, erklärt Koordinator Martin Laß: "Wenn der Strompreis hoch ist, dann erzeugen wir Strom und speichern die Wärme. Und wenn der Strompreis niedrig ist, zum Beispiel am Wochenende, dann sammeln wir das Gas im Gasspeicher und die Wärmespeicher bedienen dann das Wärmenetz." In Tüttendorf steigen die Fernwärmepreise dank Biogas nur moderat auf etwa 10 bis 14 Cent pro Kilowattstunde, betont Laß.

Überall klappt das aber nicht. In Wahlstedt etwa haben sich die Fernwärmepreise in nur einem Jahr verdreifacht. Der Anbieter bezieht unter anderem Wärme aus der Anlage von Viktor Bester vom Fachverband Biogas Schleswig-Holstein. Aber er selbst hat auf diese Erhöhung keinen Einfluss, betont er. "Dafür sind wohl die Anteile unserer doch recht günstigen Grünwärme zu gering", räumt er ein, hält die Erhöhung aber für "nicht so ganz nachvollziehbar".

Höhere Einnahmen, aber auch höhere Ausgaben

Mit den höheren Strompreisen haben die Biogasanlagen generell auch steigende Einnahmen, gleichzeitig steigen aber auch die Ausgaben. Deshalb reagiert die Branche nervös auf die Ankündigung, dass die Politik vermeintliche Übergewinne abschöpfen will. Sollte der Stromerlös unterhalb von 25 Cent gedeckelt werden, werde es eng. Bester rechnet vor: "Diesel ist bekannt. Gleichzeitig steigen die Löhne, der Aufwand für die Lohnunternehmen - dadurch, dass man aufgrund der Düngeverordnung einfach teurere Technik braucht, um das ganze auch nährstoffgerecht in den Boden zu bringen."

Strompreisdeckel könnte Biogasanlagen unrentabel machen

Staatssekretär Joschka Knuth aus dem schleswig-holsteinischen Energiewendeministerium meint dazu: "Die Signale sind bei uns angekommen. Die werden ernst genommen. Und ich gehe fest davon aus, dass es Nachbesserungen bei dem Entwurf der Europäischen Kommission geben wird." Zudem gibt es das Angebot der Biogas-Branche, die Kapazitäten im Winter aufgrund der Krise um etwa 15 Prozent hochzufahren. Hier berichten aber Landwirte, dass Genehmigungsbehörden manchmal nicht mitspielen - wenn es etwa darum geht, zusätzliche Lagerplätze für die Silage zu schaffen. Staatssekretär Knuth versprach, solche Probleme mit entsprechenden Erlassen anzugehen.

Gezielt Stromlücken füllen, statt konstant Mais verstromen

Generell gibt es einen Wandlungsprozess in der gesamten Biogas-Branche. Noch immer werden viele Anlagen mit Mais betrieben und speisen dann konstant Strom ins Netz. In der Zukunft aber sollen sie wie in Tüttendorf flexibel darauf reagieren, wenn der Strombedarf sinkt oder fällt. Gas lässt sich auch ins Erdgasnetz speisen, wenn ein Anschluss in der Nähe liegt. Zudem sollen die Anlagen künftig verstärkt mit Gülle und anderen Reststoffen laufen. Das bringt weniger Ertrag, ist aber ökologischer. Diese größere Flexibilität erfordert allerdings auch neue Investitionen.


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