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Craft-Bier aus der eigenen Garage

von Peer-Axel Kroeske

13.11.2022 (archivierter Text)
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Vater und Tochter brauen in einer Garage in Wester-Ohrstedt gemeinsam Bier. Bei einem deutschlandweiten Wettbewerb haben sie nun gewonnen.

Alle ein bis zwei Monate muss das Auto draußen parken. Die Garage in Wester-Ohrstedt bei Husum (Kreis Nordfriesland) wird dann zu einer kleinen Brauerei. Der Gaskocher nimmt seinen Platz auf dem Holztisch ein. Zunächst wird die Maische aus Malz und Wasser angesetzt, anschließend die Würze mit ausgewählten Hopfensorten komponiert. Diese werden für Hobbybrauer im Internet angeboten. Es dampft und riecht gut. Nach ein paar Stunden ist der Topf mit gut zehn Litern bereit für die Hefe. Eine Woche später füllt Udo Sierks das Bier dann in Flaschen. Diesmal ist es ein Indian Pale Ale, kurz IPA.

Tochter wird Bier-Expertin, Vater macht VHS-Kurs

Dass Vater Udo Sierks auf den Geschmack gekommen ist, hat er seiner Tochter Candy zu verdanken. Die studierte Ernährungswissenschaftlerin hatte sich zusätzlich als Bier-Sommelière ausbilden lassen, also Expertin für Geschmack und Auswahl. Von Verkostungen in ganz Deutschland brachte sie regelmäßig spezielle Biere nach Hause. Davon inspiriert meldete sich ihr 68-jähriger Vater für einen Hobby-Braukurs bei der Volkshochschule Husum an. Sein Ziel: "Weg von dem Einheitsbrei und mal was Eigenes kreieren. Dann habe ich mich so ein bisschen im Internet schlau gemacht, hatte viele Fragezeichen." Der Kurs brachte ihm einige Aha-Effekte. Und dann ging es los. Vater und Tochter hatten fortan ein gemeinsames Projekt, wenn Candy Sierks ihre Eltern besuchte.

Chocolate Stout ohne Schokolade

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Schon 2017, kurz nach dem Start, belegte der Helle Bock der Sierks den zweiten Platz bei der Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer. Jedes Jahr wird dabei eine bestimmte Biersorte vorgegeben. Als in diesem Jahr ein Chocolate Stout gefordert war, sahen Candy und Udo Sierks erneut ihre Chance. Denn mit dieser Geschmacksrichtung hatten sie schon etwas Erfahrung. Schokolade beziehungsweise Kakao gehört bei den Sierks übrigens nicht zu den Zutaten. "Aber es gibt ein Chocolate Malt, das von der Mälzerei so hergestellt ist, dass es eben diesen Geschmack und diese Aromen mit sich bringt," verrät Udo Sierks.

Wettbewerb kollidiert mit Urlaubsplänen

Im Frühjahr musste alles ganz schnell gehen, denn Udo Sierks wollte mit seiner Frau ein halbes Jahr durch die USA und Kanada fahren. Candy Sierks schickte die Flaschen im Juni ein, nachdem das Bier gereift war. Dann kam die Einladung zur Siegerehrung. Das bedeutete erst einmal, dass sie es unter die letzten zehn geschafft hatten. Im Wohnmobil in einem US-Nationalpark verfolgten die Eltern dann per Videostream, wie ihre Tochter beim Finale auf einer Brauereimesse in München jubelnd vom Sitz sprang.

Biersteuer für die Probeflaschen

Mit dem Erfolg kommt das Gewinnerbier nun für ein Jahr lang deutschlandweit in die Supermarktregale, hergestellt und vertrieben nach dem Wester-Ohrstedter Rezept von der Störtebeker Brauerei in Stralsund. An einen eigenen Vertrieb haben die Sierks aber noch nicht gedacht. Wer sein Brauprodukt selbst verkaufen will, hat nämlich Aufwand. Selbst wer das Bier nur zu Hause trinken will, muss sich registrieren lassen. Der Zoll erlaubt nur 200 Liter steuerfrei im Jahr für den Eigenbedarf. Das Verschicken der wenigen Probeflaschen für die Meisterschaft erforderte bereits eine Zollerklärung, verbunden mit einer Biersteuer von wenigen Cent.

Trinkpause für Candy Sierks

Die beiden haben inzwischen schon vieles ausprobiert. "Mein Freund mag es ganz gern, wenn es etwas Schärfe im Bier hat. Da gab’s dann mal ein Himbeerbier mit Chili. Also man kann hier Wünsche abgeben und dann wird das auch umgesetzt", sagt Candy Sierks. Ihre Mutter Ilona verwertet zudem den Treber, also die Malz-Reste der Maische, beim Brotbacken. In den Genuss der jüngsten Bier-Kreationen kommt Candy Sierks allerdings erst mal nicht. Die 36-Jährige ist schwanger. Sie erwartet im Dezember ihr erstes Kind.


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