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Sylt Shuttle macht Niebüllern das Leben schwer

von Peer-Axel Kroeske

20.11.2015 (archivierter Text)
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Viele Anwohner in Niebüll sind genervt: Der Bahnübergang bremst ihren Alltag aus. Und bald bleiben die Schranken noch häufiger unten als bisher. Schuld ist der Sylt Shuttle.

Die Tankstelle an der Gather Landstraße in Niebüll liegt so dicht, dass er die Benzinpreise lesen kann. Doch wenn Autoverkäufer Torsten Friedrich einen Wagen volltanken will, muss er trotzdem viel Zeit einplanen und Termine nach hinten schieben: Hat er Pech, dauert das Tanken eine halbe Stunde. Denn da ist dieser verflixte Bahnübergang, dessen Schranken so unglaublich oft unten sind und den Weg versperren. "Um halb und zur vollen Stunde darf man gar nicht losfahren, dann steht man am längsten", hat Friedrich herausgefunden. Und ein Anwohner spottet: "Das sind Glücks-Schranken. Wenn wir Glück haben, sind sie auf. Wenn wir auf der anderen Seite Eis kaufen und Pech haben, dann ist das später Milchsuppe." Jeden Tag passieren mehr als 100 Züge den Bahnübergang - auf dem Weg nach Dagebüll, ins dänische Tondern und vor allem nach Sylt. Und bald werden es sogar noch viel mehr, vor allem morgens und abends.

Ein Winkelzug mit Folgen

Das liegt daran, dass neben der Deutschen Bahn mit RDC bald ein zweites Unternehmen Autozüge nach Sylt rollen lässt. Das ist ein sehr lukratives Geschäft. Deshalb hat die Deutsche Bahn im komplizierten Vergabeverfahren lange und trickreich gekämpft, um zu verhindern, dass RDC noch weitere Trassen übernimmt. Der erfolgreiche Winkelzug der DB sieht so aus: An den Autozug wird künftig ein Triebwagen mit Sitzplätzen gekoppelt, und der fährt 25 Kilometer weiter nach Bredstedt. Weil im Wettbewerb der Anbieter gewinnt, der die längere Strecke bedient. Dieses Vergabekriterium beschert den Niebüllern voraussichtlich ab Januar 2016 noch häufiger geschlossene Bahnschranken.

Auch Rangierfahrten bremsen Anwohner aus

Bürgermeister Wilfried Bockholt (parteilos) ist sauer über den Trick der DB: "Das ist ein Zug, den niemand braucht. Wer will diesen Zug in Anspruch nehmen, um eine Viertelstunde im Rangierverkehr in Niebüll im Bahnhof hin- und hergeschaukelt zu werden?" Dass das Auseinanderkoppeln in Niebüll so viel Zeit kostet, wäre Bockholt egal, wenn dadurch nicht der Bereich zwischen den Schranken blockiert würde. Doch genau das ist der Fall: Jeder Sylt-Shuttle, der von der Insel kommt, legt wegen der Rangierarbeiten künftig den Straßenverkehr für weitere zwei bis drei Minuten lahm.

Tunnel oder Brücke als Königsweg?

Da dürfte es wenig helfen, dass die Deutsche Bahn inzwischen eine Diskussion über den Bau eines Tunnels oder einer Brücke angestoßen hat. Auch wenn Bahn und Bund möglicherweise zwei Drittel der Kosten übernehmen würden - Niebülls Bürgermeister ist skeptisch: "Wir setzen uns natürlich damit auseinander, aber das ist ein Millionenprojekt: Da müssten Häuser weg, da müssten Straßen gebaut werden, um neue Anbindungen herzustellen." Dabei sei die Lösung so einfach, meint Bockholt. Statt des komplexen Vergabeverfahrens müsse gesetzlich festgelegt werden, dass künftig nur ein Anbieter die Strecke nach Sylt übernehmen darf. Dadurch würden sich Tricks und Winkelzüge erübrigen.

Doch zumindest vorerst führt kein Weg daran vorbei, dass sich Niebüll mit mehr Zügen und häufigem Rangieren arrangieren muss. Und Autoverkäufer Torsten Friedrich muss seine Fahrten zur Tankstelle gegenüber künftig noch aufwendiger planen und sich noch öfter in Geduld üben.


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