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US-Weingut sichert sich Markenrecht für Amrumer Friesisch

von Peer-Axel Kroeske

24.01.2022 (archivierter Text)
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"Öömrang" nennt sich der Amrumer Dialekt der friesischen Sprache. Eine Amerikanerin hält jetzt die Markenrechte daran.

1.850 Euro sollte er zahlen. Als Stephan Klindtberg zum Feierabend die E-Mail auf seinem Tablet sah, konnte er es nicht fassen. Der Amrumer Elektrotechniker konnte sich gerade über erste Erfolge mit seinem zweiten Standbein freuen, der Produktion von Gin. Weil ihm gängige Sorten nicht schmeckten, wollte er es selbst einmal probieren. Er bildete sich fort, probierte Rezepturen aus und brachte schließlich seinen eigenen Gin auf den Markt. Insel-Produkte verkaufen sich gut. Und deshalb nannte er ihn "Öömrang Gin". Öömrang heißt der Dialekt der friesischen Sprache auf der Insel. Auf Amrum gibt es Hunderte Öömrang-Bezüge. Da er aber eine Spirituose unter diesem Namen produzierte, schickte ein Patentanwalt aus München vor einigen Monaten die Abmahnung.

Klein-Amrum in den USA

Der Anwalt vertritt ein Unternehmen aus den USA, das sich den Namen "Öömrang" im April 2021 international gesichert hat. Die Webseite des Weinguts von "Öömrang Inc." zeigt ein luxuriöses Anwesen im Bundesstaat Washington an der US-Westküste, das "Öömrang Hüs". Es heißt exakt wie das vom Amrumer Verein betriebene Museum auf der Insel. Dort ist man irritiert. Es wurde niemand gefragt, heißt es vom Verein. Der Minderheitenbeauftragte der Landesregierung, Johannes Callsen, der auch für das friesische Kulturgut zuständig ist, wurde bereits darauf angesprochen. Allerdings bezieht sich das Markenrecht ausschließlich auf Wein und Spirituosen. Eine Abmahnwelle auf Amrum droht also voraussichtlich nicht.

Ein Nordfriese wandert aus - die Tochter wird Multimillionärin

Doch es gibt auch eine andere Seite der Geschichte. Und die handelt von der Tochter eines nordfriesischen Auswanderers, die es in den USA im wörtlichen Sinne von der Tellerwäscherin zur Millionärin geschafft hat. Auf die Anfrage von NDR Schleswig-Holstein melden sich prompt Christine und Edmund Stoecklein aus den USA. Sie erzählt von ihrem Vater Carsten Martensen, der in Maasbüll bei Niebüll 1908 geboren wurde, zehn Geschwister hatte und auf Höfen auf Föhr und Amrum arbeitete. Er konnte auch Friesisch sprechen, berichtet sie. Als er eine Gruppe von Pferden über das Wattenmeer von Amrum nach Föhr überführte, wäre er fast ertrunken. 1926 wanderte ihr Vater aus.

Von Partyartikeln zum Weingut

Die Familie betrieb dann einen Eisverkauf bei New York. Christine half schon als Kind dort als Kellnerin und an der Kasse aus. Zusammen mit ihrem ersten Mann begann der Aufstieg. Sie gründeten Anfang der 1980er Jahre in der Garage einen Vertrieb für Party-Artikel, um Kindergeburtstage auszustatten. Das Unternehmen wuchs auf 2.000 Mitarbeiter an. Nach dem Krebstod ihres Mannes verkaufte es die inzwischen fünffache Mutter. Der Börsenwert wurde damals mit 250 Millionen Dollar angegeben. Ihr jetziger Mann Edmund stammt aus einer fränkischen Winzerfamilie. Er kam mit seinem Vater als Kind in die USA. Das Paar, inzwischen im Rentenalter, verwirklichte sich 2016 dann den Traum von einem eigenen Weingut mit eigenem Anbau auf gut 35 Hektar. Edmund schwärmt von der Gegend: Die Region zwischen Seattle und der kanadischen Grenze gleiche Nordfriesland in gewisser Weise - mit Deichen und dem Ausblick auf kleine Inseln.

Amerikanische Öömrang-Weine bereits mehrfach prämiert

Mit dem Namen "Öömrang" will Christine ihr familiäres Erbe in Ehren halten, wie sie betont. Ihre letzten Verwandtenbesuche in Nordfriesland liegen zwar schon einige Jahrzehnte zurück, doch beide identifizieren sich mit ihren deutschen Wurzeln. Sie haben auf dem Weingut sogar eine Kapelle mit einem Turm in fränkischer Bauweise erreichten lassen. Eine der in Deutschland gefertigten Glocken ziert die friesische Unabhängigkeitsparole "Liewer düd aß Slaawe". Auch die friesische und schleswig-holsteinische Flagge werden zu besonderen Anlässen hochgezogen. Dem Paar ist wichtig, dass die "Öömrang"-Weine inzwischen mehr als 40-mal prämiert wurden. In Hotels und Kasinos in Las Vegas trinke man jetzt "Öömrang". Insofern sei es notwendig, den Markennamen zu schützen.

Auch "Ferring" ist schon an einen Multimillionär vergeben

Dabei sind Exklusivrechte für Ortsnamen in Deutschland grundsätzlich nicht vorgesehen. In Paragraph acht des Markengesetzes heißt es, dass sich keine Namen eintragen lassen, die allein die geografische Herkunft bezeichnen. Damit soll verhindert werden, dass Verbraucher getäuscht werden. Allerdings gilt das nicht in jedem Fall für kleine, unbekannte Orte. "Öömrang" ist zudem keine Ortsbezeichnung, sondern eine Abwandlung, ähnlich wie die Braunschweiger Modekette "New Yorker". Ein Pendant findet sich sogar auf der Nachbarinsel: Schon 1956 sicherte sich der Mediziner Frederik Paulsen für sein Pharmaunternehmen den Namen "Ferring" - so heißt der Friesisch-Dialekt auf Föhr. Seine Eltern kamen von der Insel, er verbrachte später seinen Lebensabend dort. Sein gleichnamiger Sohn finanziert auf Föhr das Museum Kunst der Westküste und hat auf der Insel ebenfalls ein Weingut errichtet. Hier gibt es aber keinen Zusammenhang. Die Stoeckleins wussten davon bisher nach eigenen Angaben noch nichts.

Amrumer Gin-Produzent sichert sich "Föhring" und "Sölring"

Das amerikanische Paar hat sich mit dem Amrumer Gin-Produzenten jetzt geeinigt: Jeder bezahlt seine Anwaltskosten selbst, wie die Kanzlei des Patentanwalts mitteilte. Damit sind die 1.850 Euro vom Tisch. Ein Restbestand von 500 Flaschen durfte auch noch als "Öömrang" ein halbes Jahr lang regional verkauft werden, mehr aber nicht. Stephan Klindtberg bestätigt, dass es eine Einigung gab. Als er 2017 mit der Produktion startete, hatte er gar nicht versucht, Öömrang eintragen zu lassen. "Ich hätte es anmaßend gefunden," meinte er im Interview mit NDR 1 Welle Nord. Außerdem war davon ausgegangen, dass so etwas nicht möglich ist. Doch jetzt sorgt Klindtberg für Anmeldungen in Serie: Der Gin heißt jetzt "Oomram" - wie die Insel Amrum auf Friesisch. Gleichzeitig ließ er die abgewandelten Markennamen "Föhring" und "Sölring" mit Bezug zu Föhr und Sylt für weitere Gin-Sorten eintragen, die er alle in der Dolleruper Destille bei Flensburg herstellen lässt. Er räumt ein, dass er damit genau das mache, was er kritisiert, sieht aber keine andere Möglichkeit, sich rechtlich abzusichern. Falls eines Tages das Markenrecht für "Öömrang" für ungültig erklärt werde, sei er bereit, auch die anderen Namen wieder freizugeben, sagt Klindtberg.


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