"Air Defender 2023": NATO-Staaten üben für den Ernstfall
von Peer-Axel Kroeske
09.06.2023 (archivierter Text)
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Das Szenario für das Großmanöver simuliert einen Krieg gegen ein Bündnis aus dem Osten, nennt aber nicht explizit Russland.
Der Feind nennt sich Occasus. Und er profitiert davon, dass Deutschland nach der Corona-Pandemie wirtschaftlich geschwächt ist. Die Inflation sorgt für Unmut. Occasus setzt somit auf hybride Kriegsführung, schränkt Energielieferungen ein und führt einen Informationskrieg in den Medien.
Occasus steht vor Rostock
Das gegnerische Bündnis hat ein Viertel Deutschlands im Osten eingenommen und rückt jetzt auf den Hafen in Rostock vor. Ein Flugplatz im Nordosten muss evakuiert werden. All das ist Teil der erdachten Kulisse der Bundeswehr für das internationale Luftwaffenmanöver. Die Übung ist bereits seit fünf Jahren geplant. Auslöser für die Planungen sei die Annexion der Krim gewesen, sagte Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz am Freitag in Jagel (Kreis Schleswig-Flensburg). Das Szenario enthält aber viele Komponenten der aktuellen Lage.
Einzelne Flüge an die NATO-Ostgrenze
Technik und Abläufe der beteiligten Streitkräfte aus 25 Ländern müssen ineinander spielen. Osteuropäische Länder hatten zuletzt verstärktes Interesse an der Übung bekundet. Wichtig dabei: Es soll ausschließlich um Verteidigung gehen. Die Bekämpfung von Drohnen und Marschflugkörpern steht auf dem Plan. Einzelne Missionen sollen auch auf Wunsch der dortigen Länder Richtung Balkan und Baltikum gehen. Das sei aber seit dem vergangenen Jahr ohnehin Routine, meint der Luftwaffen-Chef.
Transport über den Atlantik war Teil der Übung
Am Montag geht es nun los. Die Vorbereitungen verliefen nach Angaben der Bundeswehr reibungslos. Große Transportmaschinen beförderten 1.500 Tonnen Material aus den USA nach Deutschland. Rolf Mammen vom US Air National Guard im Bundesstaat Michigan lobt die Gastfreundschaft und gute Organisation. Er leitet die Koordination für die amerikanischen Truppen in Schleswig-Holstein. Zur Frage der politischen Brisanz äußert er sich aber nicht.
Verstärkter Flugbetrieb hat schon begonnen
Am Freitag bevölkern bereits 1.600 Soldaten die Container- und Zeltstadt im nahe gelegenen Kropp (Kreis Schleswig-Flensburg). In den Hangars in Jagel stapeln sich Kisten aus den USA, Finnland, der Türkei. Davor stehen aufgereiht die internationalen Kampfjets. 36 sind in Jagel, 32 in Hohn zu Gast. Planespotter haben sich an den Zäunen aufgebaut, um die Maschinen in Aktion zu fotografieren. Diese waren in den vergangenen Tagen bereits in Formationen in der Luft, um sich mit dem Übungsraum vertraut zu machen.
40 bis 80 Kampfjets täglich in jedem Übungsraum
In den kommenden beiden Wochen sind nach dem aktuellen Stand nun 2.000 Flüge vorgesehen. Die Bundeswehr betont immer wieder: Vieles wird über Nord- und Ostsee laufen, um die Bevölkerung nicht zu sehr zu beanspruchen. Die Übungsräume über Ost-, Süd- und Norddeutschland sollen im Tagesverlauf nacheinander benutzt werden, so dass sich die Belastung mit jeweils 40 bis 80 Kampfjets auf wenige Stunden konzentriert. Nachts pausiert der Betrieb. Am Wochenende sind allenfalls Transportflüge zu erwarten.